Frankfurter Buchmesse 2010

"Sachlichkeit in die Diskussion bringen"

6. Oktober 2010
von Börsenblatt
Von „Nichtcheckern“ und „Fehler der Musikbranche Neumachern“ – bei einem Pressegespräch des Börsenvereins ging es um die digitale Entwicklung in der deutschen Buchbranche

Für Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, geht es bei der Digitalisierung vor allem auch darum, Sachlichkeit in die Diskussion zu bringen. Das Thema E-Books sei mit der Suggestion verbunden, dass elektronische Bücher in Deutschland schon Marktanteile hätten, womit einhergehe, dass das Printbuch als altes Eisen gesehen würde. „Wir bemühen uns um eine Diskussion, die dem Markt und den Bedürfnissen der Leser Rechnung trägt.“ Der E-Book-Markt existiere in Deutschland bislang kaum, die Umsätze machten unter ein Prozent der Branchenumsätze aus. Allerdings: „Der Markt wird sich in diesem Jahr wesentlich entwickeln, es gibt erstmals Reader, die den notwendigen Sexappeal haben.“ In den nächsten fünf Jahren rechnet Skipis mit einem Marktanteil von unter zehn Prozent.

Jedoch seien dafür die entsprechenden Rahmenbedingungen notwendig, mahnte Skipis in Richtung Politik. Für jede unternehmerische Investition brauche man einen Rahmen. „Wir haben das größte Problem mit der Piraterie“, betonte Skipis. Geistiges Eigentum dürfte nicht missachtet werden. Plattformen, die Rechtsbruch zu ihrem Geschäftsmodell gemacht hätten, müssten in ihre Schranken verwiesen werden. „Wir müssen auch im Internet rechtsstaatliche Verhältnisse schaffen.“

Peter Kraus vom Cleff, kaufmännischer Geschäftsführer von Rowohlt, machte deutlich, dass es wichtig sei, die Entwicklung der E-Books voranzutreiben. „Auch wenn man als Kaufmann diese Schritte gar nicht tun dürfte, weil der Markt nicht existent ist und die Investitionen sehr hoch sind.“ Selbst wenn die E-Books den Markt erobern sollten, bewege sich das Kerngeschäft noch bei 80 bis 85 Prozent des Umsatzes. Dennoch sei es derzeit ein großer Transformationsprozess und „wir verändern uns, bevor wir verändert werden“. Verlage würden gerne als „Nichtchecker“ und als „Fehler der Musikbranche Neumacher“ gesehen, ein Vorurteil, das nicht gerechtfertigt sei.

Das bestätigte auch Armin Gmeiner vom Gmeiner Verlag. Hier gehören E-Books längst zum Tagesgeschäft. 588 elektronische Bücher, das gesamte Verlagsangebot also, sei digital erhältlich. Gmeiner berichtete von den anfänglichen Problemen wie Konvertierung, Preisfindung, Vertrieb, Rechte-Einholung etc. Bei Gmeiner würden derzeit mit den E-Books vor allem neue Leser erreicht. „Wir stellen keinen Substitionseffekt bei den gedruckten Büchern fest“, sagte Gmeiner. „Für uns ist das jetzt die Möglichkeit, die Erfahrungen zu sammeln und die Zukunft im Verlagsbereich mitzugestalten.“

Handfeste Zahlen lieferte auch Hans Huck, Sprecher des Arbeitskreises Elektronisches Publizieren, im Börsenverein.


Laut Epix, dem Stimmungsbarometer des Akep, sind im zweiten Quartal 2010 ein Drittel aller Neuerscheinungen als E-Books auf den Markt gekommen und der Marktanteil von E-Books liegt bei 1,8 Prozent. Die Herstellungskosten der befragten Verlage lägen im Schnitt bei 118 Euro.

Hucks Einschätzung: "Es entwickelt sich ein gutes Miteinander von gedruckten und elektronischen Büchern."