Gerda Henkel Preis 2016

Luther-Expertin Lyndal Roper auserkoren

1. Juli 2016
von Börsenblatt
Die australisch-britische Historikerin Lyndal Roper erhält den Gerda Henkel Preis 2016. Damit werden ihre besonderen Leistungen auf dem Gebiet der Geschichte der Frühen Neuzeit geehrt, teilt die Gerda Henkel Stiftung mit. Die Auszeichnung ist mit 100.000 Euro dotiert.

Lyndal Roper hat die renommierte "Regius"-Professur für Geschichte am Oriel College der Universität Oxford inne. Das Stiftungskuratorium folgte in einer einstimmigen Entscheidung für Roper einer Empfehlung der Jury, der die Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats der Stiftung sowie stiftungsunabhängige Persönlichkeiten angehören.

Für die Jury gehört Roper zu den weltweit renommiertesten Vertretern der Geschichte der Frühen Neuzeit: "Sie hat bahnbrechende Arbeiten zur Sozial-, Geschlechter-, Psycho- und Körpergeschichte vorgelegt, die gleichermaßen durch theoretischen Scharfsinn, souveräne Beherrschung einer imponierenden Fülle von Quellen und eine geschliffene Sprache zu bestechen vermögen." In ihren Forschungen zum Reformationszeitalter habe Roper die Beziehungen zwischen Religionen und sozialer Ordnung in einer völlig neuartigen Weise konzeptualisiert. "Die Untersuchungen über Hexerei und Hexenverfolgung markieren den forschungsgeschichtlich nachhaltigen Übergang von der Frauengeschichte zur Geschlechtergeschichte. Die jüngsten, von einem körpergeschichtlichen Ansatz geleiteten Studien zur Biographie Martin Luthers werden im Lutherjahr 2017 sicherlich den Verlauf der Debatte über den Reformator nachdrücklich mitbestimmen. Lyndal Roper, die auch weit über die epochalen Grenzen der Frühen Neuzeit hinaus Wirksamkeit zu entfalten vermag, zählt zu den prägenden Gestalten der internationalen Geschichtswissenschaft", so die Jury.

Lyndal Anne Roper, geboren 1956, studierte an der Universität Melbourne Geschichte und Philosophie. 1985 wurde sie am King’s College der Universität London promoviert. Nach Stationen an der Universität London, dem Wissenschaftskolleg zu Berlin und dem Max-Planck-Institut für Geschichte in Göttingen lehrte sie als Professorin für Geschichte der Frühen Neuzeit am Royal Holloway College der Universität London. 2002 wechselte sie an das Balliol College der Universität Oxford. Seit 2011 ist sie als erste Frau "Regius"-Professorin am Oriel College der Universität Oxford.

Im Juni 2016 erschien ihre englischsprachige Biographie "Martin Luther. Renegade and Prophet" (deutsche Ausgabe: "Der Mensch Martin Luther. Die Biographie", erscheint im September bei S. Fischer). Auf Deutsch sind zudem lieferbar: "Hexenwahn" (C.H. Beck, 2007) und "Der feiste Doktor − Luther, sein Körper und seine Biographen" (Wallstein, 2012).

Lyndal Roper wird die Auszeichnung am 7. November in Düsseldorf entgegennehmen, kündigt die Stiftung an.

Zum Preis

Der Gerda Henkel Preis wird an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verliehen, die in den von der Gerda Henkel Stiftung geförderten Disziplinen und Förderbereichen herausragende Forschungsleistungen erzielt haben und weitere erwarten lassen. Für den Gerda Henkel Preis 2016 wurden 112 Kandidatinnen und Kandidaten waren vorgeschlagen. Seit 2006 schreibt die Stiftung den internationalen Forschungspreis alle zwei Jahre weltweit aus.

Frühere Preisträgerinnen und -träger sind der Kunsthistoriker Martin Warnke, der Soziologe und Kulturhistoriker Richard Sennett, die Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer, der Historiker Jürgen Osterhammel sowie der Ägyptologe. Stephan Seidlmayer.

Die Gerda Henkel Stiftung wurde im Juni 1976 von Lisa Maskell zum Gedenken an ihre Mutter Gerda Henkel als gemeinnützige Stiftung des privaten Rechts mit Sitz in Düsseldorf errichtet. Ausschließlicher Stiftungszweck ist die Förderung der Wissenschaft. In den 40 Jahren ihres Bestehens hat sie weltweit rund 6.400 Forschungsprojekte mit mehr als 140 Millionen Euro unterstützt.