Geschwister-Scholl-Preis für Glenn Greenwald

Couragierter Einsatz für bürgerliche Freiheiten

6. Juli 2015
von Börsenblatt
Für sein Buch "Die globale Überwachung. Der Fall Snowden, die amerikanischen Geheimdienste und die Folgen" (Droemer) wird Glenn Greenwald mit dem 35. Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnet. Das gab der Landesverband Bayern im Börsenverein bekannt.

Der Jurist und Verfassungsrechtler, 1967 in New York City geboren, war Kolumnist beim "Guardian" und ist einer der einflussreichsten politischen Kommentatoren in den USA. 2014 gründete Greenwald sein eigenes Internetmagazin "The Intercept". Er lebt in Brasilien und wird die Auszeichnung am 1. Dezember in der Großen Aula der Ludwig-Maximilians-Universität in München entgegennehmen. Am 2. Dezember ist eine öffentliche Lesung im Rahmen des Münchner Literaturfests geplant.

Der bayerische Landesverband des Börsenvereins und die Landeshauptstadt München vergeben den mit 10.000 Euro dotierten Geschwister-Scholl-Preis zum 35. Mal. Sinn und Ziel der Ehrung ist es, jährlich ein Buch jüngeren Datums auszuzeichnen, "das von geistiger Unabhängigkeit zeugt und geeignet ist, bürgerliche Freiheit, moralischen, intellektuellen und ästhetischen Mut zu fördern und dem verantwortlichen Gegenwartsbewusstsein wichtige Impulse zu geben".

Diese Kriterien sieht die Jury auch 2014 voll und ganz erfüllt: "Glenn Greenwald hat einer breiten internationalen Öffentlichkeit vor Augen geführt, in welchem Ausmaß der amerikanische Geheimdienst NSA weltweit die elektronische Kommunikation überwacht, erfasst und speichert", heißt es in der Jury-Begründung, die wir hier im Wortlaut wiedergeben:

"Greenwald hat erheblichen Mut bewiesen, als er sich entschloss, mit Edward Snowden, dem abtrünnigen NSA-Mitarbeiter und bedeutendsten 'Whistleblower' aller Zeiten, zusammenzuarbeiten, um mittels zahlreicher Enthüllungen zu zeigen, dass die totale Überwachung nicht nur eine technische Möglichkeit, sondern eine reale politische Gefahr geworden ist. Als engagierter Jurist und leidenschaftlicher Journalist warnt Glenn Greenwald vor einem mächtigen Überwachungsapparat, der unsere Privatsphäre zu zerstören und die Grundlagen der Demokratie zu untergraben droht.

Er verkörpert damit das überzeugende zeitgenössische Beispiel eines couragierten Bürgers, der sich gemeinsam mit anderen und ohne Rücksicht auf persönliche Nachteile für das Recht auf ungehinderte Berichterstattung, freie Meinungsäußerung, individuelle Freiheit und die notwendige Kontrolle staatlicher Macht einsetzt. Glenn Greenwald hat mit seinen Artikeln und nun auch mit seinem Buch 'Die globale Überwachung' exemplarisch demonstriert, was eine freie, unabhängige Publizistik leisten kann und was sie leisten sollte.

Erst durch die aufklärerische Arbeit von Glenn Greenwald und anderen, durch die Auswertung zahlloser von Edward Snowden zur Verfügung gestellter Dokumente und das Aufzeigen geheimdienstlicher Tätigkeiten, die im Namen der Sicherheit grundlegende Freiheitsrechte beschädigen, haben wir genauere Einsicht in die Gefährdungen unserer Zeit gewonnen. Und damit die Chance erhalten, Fehlentwicklungen zu korrigieren und Machtmissbrauch zu verhindern.

Damit zeugt das Wirken Glenn Greenwald von geistiger Unabhängigkeit. Es ist geeignet, bürgerliche Freiheit, moralischen, intellektuellen Mut zu fördern und gibt dem verantwortlichen Gegenwartsbewusstsein wichtige Impulse."

Greenwald reiht sich damit in die renommierte Riege der Geschwister-Scholl-Preisträger ein − neben Autoren wie Liao Yiwu, Roberto Saviano, David Grossman und Anna Politkovskaja. Informationen zum Preisträger 2014 und das gesamte Archiv des Geschwister-Scholl-Preises finden Sie hier.