Gesetzesvorlage für die Buchpreisbindung

"Zur Rettung des polnischen Buchmarkts"

3. April 2014
von Börsenblatt
Die polnische Buchbranche debattiert seit 2010 über die Einführung der Buchpreisbindung nach deutschem und französischem Vorbild. Mittlerweile liegt ein Gesetzesentwurf vor. Die Zeit drängt: In den letzten fünf Jahren hat jede dritte polnische Buchhandlung geschlossen.

Die polnische Buchkammer (Polska Izba Ksiazki, kurz PIK) hat mit polnischen Großhändlern und Verlagen im Mai 2010 das Vorgehen abgestimmt und zunächst eine Studie in Auftrag gegeben, wie sich die Einführung einer Preisbindung auf Bücher in Polen auswirken würde und inwiefern Gesetze geändert werden müssten.

 

Der lange Weg zur Buchpreisbindung

Für die Studie wurden von der PIK Erfahrungen von Ländern eingeholt, in denen es eine Preisbindung auf Bücher gibt und sich europäische Märkte angesehen, in denen es keine Preisbindung gibt oder diese abgeschafft wurde: Vor allem die Entwicklung in Großbritannien und der Schweiz (wo die Preisbindung 2012 durch einen Volksentscheid zu Fall gebracht wurde) war ein Warnsignal.

Am 17. März dieses Jahres fand in Warschau ein Treffen mit Preisbindungswächter Dieter Wallenfells und Nicolas Georges vom französischen Kulturministerium zum Thema statt (Der Vortrag von Dieter Wallenfells hier). Hier wurde deutlich: Von der Einführung der Preisbindung erhoffen sich die polnischen Verleger und Buchhändler nicht weniger als „die Rettung des Buches" (so der Projekttitel in der polnischen Buchkammer).

Bereits im Mai 2013 gab es im Rahmen der Warschauer Buchmesse deutschen Besuch: Ehrengast einer Veranstaltung der Frankfurt Academy zum Thema Preisbindung war Peter Krauss vom Cleff - die polnischen Verlage beobachten den auch im Lizenzhandel wichtigen deutschen Markt sehr genau.

Der polnische Branchenverband hat in einem Sondertopf Gelder für das Vorhaben gesammelt:18 Mitglieder der PIK und fünf weitere Firmen hatten je bis zu 5.000 Polnische Zloty (rund 1.200 Euro) zur Verfügung gestelltVon diesem Geld wurde unter anderem die Kanzlei SLW mit Erarbeitung einer entsprechenden Gesetzesvorlage beauftragtDiese liegt mittlerweile vor und wurde am 20. Februar dieses Jahres der Presse von Verleger Włodzimierz Albin (Präsident der PIK) und dem Autor des Gesetzesentwurfes, Maciej Ślusarek, der polnischen Presse vorgestellt – das Thema wurde in Polen erstmals von einer breiten Öffentlichkeit diskutiert.


 

Polnischer Buchmarkt in der Krise

Grund für die gestiegene Aufmerksamkeit sind die Zahlen zum polnischen Buchhandelssterben: Innerhalb der laufenden Legislaturperiode (d.h. innerhalb der nächsten zwei Jahre) könnte der Entwurf im Sejm, einer der beiden Kammern des polnischen Parlaments, beschlossen werden. Voraussetzung: Das polnische Parlament sieht in der Einführung der Preisbindung eine Stärkung der Buchbranche. Das gilt als wahrscheinlicher denn je, denn Polens Buchhandel steckt tief in der Krise: Angesichts des Rückzugs von Weltbild aus Polen (2013) und der möglichen Eröffnung eines polnischen Amazon-Shops 2014 könnte sich nach Ansicht der polnischen Verleger und Buchhändler die Preisbindung stabilisierend auf den polnischen Buchmarkt auswirken.

Das Ausmaß des polnischen Buchhandelssterbens:

  • In den letzten fünf Jahren haben laut PIK 700 Buchhandlungen in Polen geschlossen – jeder dritte Buchladen.
  • Derzeit gibt es in Polen (rund 40 Millionen Einwohner) noch rund 1.850 Buchhandlungen
  • Das Sortiment ist mit einem Anteil von 40 Prozent noch der wichtigste Verkaufskanal für Bücher
  • Jedes vierte Buch wird über den Onlinehandel verkauft
  • Größter Multimediahändler ist Empik, der gegen den Trend weitere Filialen eröffnen konnte (im Herbst eröffnete Empik seine 195. Filiale, das Unternehmen ist in 104 Städten vertreten)
  • 2012 (offizielle Zahlen für 2013 liegen nicht vor) betrug das Volumen des polnischen Buchmarkts 637 Millionen Euro – drei Prozent des europäischen Markts insgesamt
  • Buchhandelsdichte in Polen: Auf 10.000 Einwohner kommen statistisch gesehen 0,48 Buchhandlungen (Vergleich: Großbritannien: 0,55, Niederlande: 1,29, Frankreich 1,69)
  • Besonders die Einführung der Mehrwertsteuer auf Bücher (seit 2011 werden 5 Prozent fällig, vorher steuerfrei) in Verbindung mit sinkendem Lohnniveau hat den Polen die Lust aufs Bücherkaufen verdorben und zu einer Verteuerung der Buchpreise geführt
Quelle der Marktdaten: Biblioteka Analiz