Gesplittete Besteuerung von Bundle-Angeboten

"Die neue Regelung ist absurd und untauglich"

16. Juli 2015
von Börsenblatt
Die ab 1. Juli geltenden Steuerregeln für Bundle-Angebote setzen Verlage erheblich unter Druck. Einige sehen das Geschäftsmodell "E-Book inside" (Buch plus Download-Code) gefährdet − oder geben es ganz auf.

Ratlosigkeit herrscht derzeit in vielen deutschen Verlagen: Wie sollen innerhalb weniger Tage die neuen Steuerregeln für sogenannte Bundle-Angebote (Buch plus E-Book) umgesetzt werden, die das Bundesfinanzministerium mit einem Anfang Juni versandten Verwaltungsschreiben festgezurrt hat? "Wir wissen nicht, wie wir dieses steuerrechtliche Problem innerhalb kürzester Frist lösen sollen", sagt beispielsweise Margit Knauer, Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei Campus. Das Ganze stehe im Widerspruch zur Absichtserklärung nicht nur der deutschen Bundesregierung, sich auf europäischer Ebene für eine Angleichung der ­E-Book-Besteuerung an den (ermäßigten) Umsatzsteuersatz für gedruckte Bücher einzusetzen.

Ab 1. Juli, so das Schreiben aus dem Finanzministerium, müssten die Verlage genau beziffern, zu welchen Anteilen gedruckte und digitale Angebotsteile (E-Book-Codes) von Büchern besteuert werden − mit sieben beziehungsweise 19 Prozent Umsatzsteuer. Begründung: In beiden Fällen handele es sich um eine "eigenständige Leistung".

Besonders problematische Auswirkungen dürfte dies für das Geschäftsmodell "E-Book inside" haben. Denn dabei geht es Verlagen von vornherein darum, einen einheitlichen Preis für ein Buch festzusetzen, dem das E-Book als kos­tenlose Zugabe beigegeben wird. Oftmals werden Titel ausschließlich in dieser Form angeboten, das heißt, es gibt keine separate Print- oder E-Book-Ausgabe. Künftig aber muss auch bei Büchern mit eingedrucktem Zugangscode der jeweilige Umsatzsteueranteil ausgewiesen werden − wobei es keinen klaren Anhaltspunkt dafür gibt, wie dies geschehen soll.

Der Verlag Haffmans & Tolkemitt hat deshalb beschlossen, zum 1. Juli sein Geschäftsmodell "HardcoverPlus" einzustellen; die in den Büchern eingedruckten Codes sind dann nicht mehr einlösbar. Es könne nicht sein, so Jakob Karsten, Leiter Vertrieb und Marketing, dass Buchhändler bei einer Umsatzsteuerprüfung mit Sanktionen rechnen müssten. Ziel des Geschäftsmodells sei es im Gegenteil gewesen, die Partnerschaft mit dem Sortiment zu stärken. Sollte sich jedoch eine Änderung der Rechtssituation ergeben, werde man das Programm wieder aufleben lassen.

Die Splitting-Regel für Bundle-Angebote unterscheidet sich grundsätzlich von der Besteuerung bei Kombiprodukten: also Bücher, denen eine CD, eine CD-ROM, eine DVD oder ein Spielzeug beigelegt wird. Hier richtet sich die Anwendung des Umsatzsteuersatzes nach dem "charakterprägenden" Bestandteil der Produktkombination − in der Regel also nach dem Buch.

Drei weitere Stimmen zu den neuen Steuerregeln:

Hanna Bös, Kein & Aber:

"Wir sind zur Zeit noch ratlos. Wie wäre denn der digitale Anteil für einen Printtitel zu beziffern, der nur mit 'E-Book inside' angeboten wird? Für die Innovationsfreude der Branche ist es nicht hilfreich, wenn neue gesetzliche Regelungen ein vielversprechendes neues Geschäftsmodell ausbremsen. Am Ende wird dabei aber vor allem der Leser verlieren."

Felix Grisebach, Eder & Bach:

"Die neue steuerliche Regelung ist absurd und schlicht untauglich. Wir müssen angesichts dieser kurzfristigen Entwicklung nun abwägen, ob ein E-Book-Bundle für unsere Titel wie geplant praktikabel und durchführbar ist."

Thomas Carl Schwoerer, Campus:

"Sollte die Regelung in dieser Form aufrechterhalten werden, sehen wir uns gezwungen, das Angebot von E-Book inside einzustellen, da wir eine steuerkonforme Handhabung ab dem 1. Juli nicht mehr gewährleisten können."