Gütersloher Verlagshaus

Wirbel um "Schwarzbuch WWF"

5. Juni 2012
von Börsenblatt
Die Umweltstiftung WWF Deutschland ist juristisch gegen ein kritisches Buch von Wilfried Huismann vorgegangen – und hat auch Grossisten und Online-Buchhändler angeschrieben. Wie gehen Unternehmen der Buchbranche damit um? Update: Stellungnahme des Börsenvereins

Die Umweltorganisation WWF Deutschland geht gegen das "Schwarzbuch WWF" von Wilfried Huismann (Gütersloher Verlagshaus) vor, das sich kritisch mit der Umweltstiftung beschäftigt. Es enthält laut WWF "Falschbehauptungen"; deshalb habe man Unterlassungsansprüche gegen den Verlag geltend gemacht.

Post von der Organisation haben zudem Amazon, Weltbild, Thalia, KNV und Libri bekommen. Sie wurden informiert, weil sie als "so genannte Verbreiter von Falschaussagen ebenso in der Verantwortung sind", wie WWF-Pressechef Jörn Ehlers auf Börsenblatt-Anfrage sagte. Die Anbieter haben das Buch daraufhin aus dem Programm genommen, obwohl das Landgericht Köln erst am 15. Juni über eine einstweilige Verfügung gegen die monierten Passagen entscheidet.

Thalia führe nur "rechtlich unstrittige" Titel im Sortiment, begründete Sprecherin Mirjam Berle die Entscheidung des Filialisten. Amazon gab an, Bücher bei "konkreten Anhaltspunkten für eine Rechtsverletzung, zum Beispiel in Form eines Abmahnschreibens, aus dem Verkauf zu nehmen", so Kathrin Schmitz, Public Relations Manager beim Onlinehändler. Auch KNV hat den Titel nach einem Gespräch mit dem Verlag vorläufig aus dem Programm genommen. Das sei kein Kuschen, sondern ein durchaus übliches Vorgehen, findet KNV-Einkaufsleiter Rudolf Sommer. Es gäbe auch keine automatische Auslistung bei Unterlassungserklärungen oder einstweiligen Verfügungen. "Wir erwarten, dass die Verlage uns Titel anbieten, gegen deren Vertrieb keine Rechtsgründe entgegenstehen", so Sommer.

"Derzeit nicht lieferbar"

René Kohl, Inhaber der Internet- und Versandbuchhandlung Kolibri, findet es dagegen "katastrophal", dass schon vor einem Verhandlungstermin die Barsortimente den Titel nicht liefern, sondern ihn sogar aus ihren Katalogen "rausradieren". Immerhin würden sie über Meldenummern zu Meldetexten wie "Titel infolge rechtlicher Auseinandersetzung nicht lieferbar" verfügen. Diesen Weg geht Amazon auf der internationalen Seite amazon.com, wo der Händler den Titel aufführt, aber "derzeit nicht lieferbar" schreibt. Auf der deutschen Website amazon.de ist das Buch aber nicht zu finden. "Wenn diese Taktik, kritische Bücher vom Markt zu nehmen, hoffähig wird, sehe ich echte Probleme für die Pressefreiheit", sagt Kohl.

Seit der Entfernung aus der Datenbank ist das Buch – bereits am 23. April erschienen – schwer zu bekommen. "Das Buch ist derzeit nicht lieferbar, aber wir können es beim Verlag bestellen", sagt Cornelia Reitz von der Buchhandlung H.L. Schlapp in Eberstadt. Auch Hugendubel Frankfurt könnte direkt beim Gütersloher Verlagshaus bestellen. Die Lieferzeit liegt bei zirka drei Tagen.  

Amazon, Weltbild und KNV hätten damals um die komplette Übernahme aller Haftungsrisiken gebeten, berichtet Rainer Dresen, Verlagsjustitiar von Random House, zu der das Gütersloher Verlagshaus gehört. Das habe der Verlag verneint, da er zu dem Zeitpunkt die genauen Kritikpunkte des WWF noch nicht gekannt habe. "So wurde sogar das VLB angeschrieben, aber die sind ja ein bloßes Verzeichnis der lieferbaren Bücher und vertreiben diese gar nicht", bemerkt Dresen. Thalia und Libri hingegen hätten nicht angefragt, sondern das Buch sofort aus dem Programm genommen.

Eigentor für das WWF

Die Buchhändler hätten den Titel aber bis zur rechtlichen Klärung weiter verkaufen können, meint der Justitiar. Nur wenn ein gerichtlicher Verkaufsstopp gegen das Buch ergehe, der nicht beachtet werde, könnten Kosten von 600 bis 1 000 Euro auf sie zukommen.

Hätte der Verlag mehr Solidarität seitens der Grossisten und Online-Händler erwartet? "Ja, zumindest hätten sie sich mit uns in Verbindung setzen und nachfragen können, wie der Stand zum Thema ist", sagt Klaus Altepost, Verlagsleiter des Gütersloher Verlagshauses.

"Wir befürchten eher einen Imageschaden, wenn wir die Vorwürfe unwidersprochen hinnehmen", meint Jörn Ehlers zu der Frage, ob man den Streit auch anders hätte lösen können. Der WWF habe den Leiter des Gütersloher Verlagshauses vor Veröffentlichung des Buches am 17. Februar um ein persönliches Gespräch gebeten. "Dieses Dialogangebot wurde von Seiten des Verlages abgelehnt", so Ehlers.

Bisher hat das Gütersloher Verlagshaus 4.000 Exemplare des Buches verkauft und damit "50 Prozent des geplantes Erstverkaufs noch nicht realisiert", informiert Altepost. Doch inzwischen sieht er die Sache entspannter: "Die Taktik des WWF wird sich als Eigentor erweisen. Wir werden wirtschaftlich eher davon profitieren", sagt der Verlagschef.

Kemal Calik

Update: Stellungnahme des Börsenvereins zum Schwarzbuch WWF
Der Börsenverein rät Buchhandlungen, "Kontakt mit dem Verlag aufzunehmen, so wie es die Verkehrsordnung für den Buchhandel vorsieht, und sich dort informieren zu lassen, wie der Stand der rechtlichen Auseinandersetzung ist". Und: "Darüber hinaus ist es die eigene Entscheidung des Buchhändlers, ob er im Bewusstsein, dass es rechtliche Probleme geben kann, das Buch weiter verkauft oder nicht."