Hauptversammlung

Hermann-Arndt Riethmüller wird neuer Vorsitzender des LV Baden-Württemberg

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Der Tübinger Buchhändler Hermann-Arndt Riethmüller (Osiandersche Buchhandlung) ist am Samstag Abend in Stuttgart in den Räumen des Barsortiments KNV für die nächsten vier Jahre zum neuen Vorsitzenden des Landesverbands Baden-Württemberg gewählt worden. Zu seinem Stellvertreter wurde Thomas Lindemann (Info Verlag, Karlsruhe) berufen.

Weitere neue Vorstandsmitglieder sind: Katrin Beltrán Gomez (Bücherstube Kirchzarten, Kirchzarten) und Paul Kaufmann (Stephanus Buchhandlung, Karlsruhe) für das Sortiment sowie Volker Hühn (Theiss Verlag) und Hubert Klöpfer (Klöpfer & Meyer) für die Verlage.

Bei seiner Vorstellung als Kandidat für den Vorstand unterstrich Riethmüller, dass er die Interessen der Baden-Württemberger national, regional und lokal vertreten wolle. In seinem Alter (Riethmüller ist Jahrgang 1944) sei er alt genug, um viele Erfahrungen gemacht zu haben und jung genug, um eine neue Herausforderung anzunehmen. „Ich bin bereit, mich im Landesverband einzusetzen“, sagte der Sortimenter. Riethmüller, der sich im vergangenen Jahr für eine Prüfung der Fusion des Landesverbands mit dem Börsenverein ausgesprochen hatte, musste sich aus dem Plenum die Frage gefallen lassen, ob er den Landesverband nun quasi durch die Hintertür fusionieren wolle. Dies verneinte Riethmüller.

Er wolle in einem starken Börsenverein erfolgreich regionale und lokale Arbeit leisten. Vor allem wolle er die Geschäftsstelle straffen, um die Personalkosten zu senken, die einen Gutteil der Mitgliedsbeiträge auffressen würden. Zudem wolle er die ehrenamtliche Arbeit straffen und die Mitgliederstelle dazu anhalten, lokale Präsenz zu schaffen und näher zu den Mitgliedern zu kommen. Riethmüller erhielt 101 Ja-Stimmen, 61 Nein-Stimmen sowie zwölf Enthaltungen. Der Sortimenter sagte in die Richtung derer, die ihn nicht gewählt haben: „Ich möchte auch diejenigen, die mir ihre Stimme nicht gegeben haben, davon überzeugen, dass sie mich hätten wählen können.“

Die Wahl des stellvertretenden Vorsitzendens erfolgte zwischen Martin Spencker (Thieme Verlag) und Thomas Lindemann (Info Verlag), der bereits Schatzmeister des Verbands ist.

In seinem Rechenschaftsbericht wies der scheidende Vorsitzende des Vorstands, Konrad Wittwer (Buchhandlung Wittwer), darauf hin, dass der Verband im Jahr 2011 gespart und mit einem leichten Plus abgeschlossen habe. So sei etwa der Justiziar abgeschafft worden – Preisbindungsfragen würden nun nach einer ersten Sichtung durch Johannes Scherer, Geschäftsführer des Landesverbands, an die Rechtsabteilung des Börsenvereins weitergereicht.

Der Etat für 2012 berücksichtige die Senkung der Mitgliederbeiträge um zehn Prozent, die im vergangenen Mai auf einer außerordentlichen Hauptversammlung beschlossen worden waren. Diese Senkung führe zu Mindereinnahmen von ca. 72.000 Euro, für 2012 ergebe sich damit eine begrenzte, einmalige Unterdeckung von 25.000 Euro. Für 2013 werde dann durch weitere Sparmaßnahmen wieder ein ausgeglichenes Ergebnis erwartet.

Wittwer wies darauf hin, dass die Buchausstellungen des Landesverbands, u.a. die Stuttgarter Buchwochen und die Karlsruher Bücherschau, künftig eher mit weniger als mit mehr öffentlicher Förderung zu rechnen hätten. „Deshalb muss sich die Branche engagieren. Die Verlage müssen ausstellen und die Buchhändler bei den Ausstellungen Veranstaltungen durchführen.“ Der Verband allein könne hier nichts bewegen. Grundsätzlich sei der LV Baden-Württemberg ein „sehr aktiver“ Verband, der Gehör finde. Sowohl innerhalb der Branche als auch in der Politik. „Die Zukunft wird jedoch nicht einfacher und unser Ziel ist es, zum Nutzer der Mitglieder durch die Veränderungen zu steuern.“

Buchgestalter Rainer Groothuis, Gründer des inzwischen insolventen Corso Verlags, warf in seinem Vortrag einen Blick auf den Buchhandel der kommenden zehn Jahre. Auf dem Weg ins Jahr 2022 werde man viele Buchhandlungen verlieren, sagte Groothuis. Er  rechnet damit, dass etwa 30 Prozent bis 35 Prozent der Buchhändler auf der Strecke bleiben werden. „Vielleicht auch mehr“, so Groothuis. Umsätze im stationären Handel würden künftig nur nach an Orten des Dialogs und des Austauschs erzeugt. Dort, wo es Beratungsqualität, Passion und Empathiefähigkeit gebe. In dieser Hinsicht seien Buchhändler teilweise schon gut aufgestellt. „Die verbleibenden Sortimenter werden zu Trüffelschweinen, getragen von Lust, Neugier und Passion“, beschreibt Groothuis die Aufgaben der Buchhändler in den nächsten Jahren.

Über den Niedergang des Großflächenkonzepts wundert sich Groothuis nicht: „Großflächen leben vom Boulevard, von den Laufkunden, die dadurch charakterisiert sind, dass sie weglaufen.“ Es sei nicht möglich, Großflächenbuchhandel unter ökonomischen Kalkül, mit billigem, ungeschulten Personal zu betreiben. „Wer mit Kultur handelt, muss etwas davon verstehen, muss davon begeistert sein.“ Nur, wo es Ideen, Qualität und Erlebnis gebe, werde ein Verkaufserfolg realisiert.

Bei den Verlagen werde es eine Wiedergeburt der Verlagsmarken geben. „Damit wird ein Kontrapunkt zur Anonymität des Digitalen gesetzt, ebenso eine Differenz zu den verlegerischen Selbstversorgertools geschaffen.“ Abschließend fasste Groothuis zusammen: „Für lustvolle Buchhändler und Verleger gehen die Lichter noch lange nicht aus.“

Zum Abschluss der Mitgliederversammlung wurde Konrad Wittwer für seine langjährige Tätigkeit im Landesverband geehrt. Rudolf Sommer (Ausschuss für den Zwischenbuchhandel) hielt die kurze, launige Laudation und sagte, dass nach 24 Jahren Verbandsarbeit von Wittwer „eine Ära zu Ende geht „. Ohne Ehrenmitgliedschaft käme der Stuttgarter Buchhändler „hier nicht raus“ – und so wurde diese ihm sogleich verliehen. Wittwer zeigte sich gerührt darüber, „was er gerade erleben durfte.“

Mit der Ehrenmitgliedschaft bedacht wurde auch die stellvertretende Vorsitzende, die Stuttgarter Verlegerin Patricia Scholten, seit gut einem Jahrzehnt in exponierter Position im Verband tätig. „Es ist Ihnen immer gelungen, die Interessen der Verlage zu bündeln“, sagte Sommer.

Wittwer dankte dem scheidenden Geschäftsführer des Landesverbands Johannes Scherer für seinen großen Einsatz in den vergangenen Jahrzehnten – und wünschte ihm für den Endspurt bis Weihnachten alles Gute. Scherer, seit fast 30 Jahren im Amt, betonte zum Abschied, dass er vorgehabt hatte, maximal fünf Jahre zu bleiben. Dass es länger wurde, dazu habe das Vertrauen der Vorstände einen großen Anteil beigetragen. Während seiner Amtszeit habe er lediglich drei Vorstände gehabt, was die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Haupt- und Ehrenamt zeige. Scherers Dank galt auch seinen Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle.