Hörbuch-Panel auf der Social Media Week Hamburg

"Jede Menge ungenutztes Hörer-Potenzial“

29. Februar 2016
von Börsenblatt
Letzte Woche fand die 5. Social Media Week in Hamburg statt. Der Streamingdienst Deezer nutzte diesmal ein Panel, um drei Experten zum deutschen Hörbuchmarkt und dessen Zukunft zu Wort kommen zu lassen. 

Am Freitagmittag diskutierten Kilian Kissling (Argon), Nils Hollmann (Zebralution Digital Media Distribution) und  Ellen Voráč (Deezer) über den derzeitigen Stand des deutschen Hörbuchmarktes und stellten fest, dass insbesondere der Streaming-Markt noch viel Potenzial biete. Moderiert wurde die Session von Andreas Gutjahr (Knowtheirname).

Dass das Streaming langsam massentauglich ist, zeigt eine Erhebung der Bitcom, die belegt, dass es hierzulande insgesamt rund 20 Millionen Streamingnutzer gibt. Ein Blick auf die genaueren Zahlen verrät, dass insbesondere die 14-29 Jährigen mit 53 Prozent Dienste wie Deezer, dessen Konkurrenten Spotify oder Netflix nutzen. Bei den 30-40 Jährigen sind es immerhin 39 Prozent. In der Runde geht man davon aus, dass der Bärenanteil dieser Zahl immer noch in den Musikbereich fällt – und der Hörbuchmarkt kann davon profitieren.

Besonders die Filmindustrie sei für den deutschen Hörbuchmarkt, der im internationalen Vergleich sehr ausgeprägt auffällt, ein gutes Vorbild, schließlich halten beide Branchen die Verwertungsketten eines Titels ein. Schlechte Nachrichten also für Fans brandaktueller Titel – als Stream bleiben die vorerst auch weiterhin die Seltenheit. Doch wie Kissling betont, sei dies auch gar nicht die Erwartungshaltung der Nutzer, die Hörbücher über Dienste wie Deezer beziehen.

Bisher geht man davon aus, dass in Deutschland rund 70 Millionen Menschen noch keine Hörbücher hören. Außerdem lassen sich vor allem Frauen von den erzählten Geschichten begeistern – die sich zwar auch für das Streamen begeistern lassen, allerdings längst noch nicht in dem Ausmaß wie die männliche Bevölkerung, ist die mediale Bereitstellung über Anbieter wie Deezer vor allem eins, nämlich eine Chance, neue Zielgruppen zu erreichen. Wie Kissling innerhalb der Runde erzählt, gibt es ab dem Teenageralter einen starken Einbruch der  Hörbuchfans über die klassischen Kanäle, der sich erst bei Käufern ab 30 relativiert – das dies die stärkste Gruppe der Streamingnutzer sei, sehe man hier eine Chance, die Teens und Twens wieder zu locken.

Doch nicht jeder sieht die Verteilung von Hörbüchern über Onlinedienste gern. Besonders die Autoren sind empfänglich für den schlechten Ruf, der das Streaming noch immer verfolgt. Die Furcht vor geringen Ausschüttungen ist ein Grund, warum nicht alle Autoren ihre Werke dort vorfinden wollen. Doch vornehmlich seien die Vorteile für Verlage nicht zu unterschätzen, so die einhellige Meinung der Redner, der neue Vertriebsweg ist mehr Gewinn als Verlust für die Verlage. Hörer bekämen somit nämlich kostengünstig die Möglichkeit, sich erstmals in der Welt der Hörbücher zu orientieren und ein Gefühl für Sprecher und Geschichten zu entwickeln. Und zu guter Letzt lässt sich feststellen, dass Hörbücher immer häufiger zum Geschenk auf CD avancieren, nach dem sie einmal im Stream positiv aufgefallen seien. Der Ausbau der neues neuen Vertriebswegs entpuppt sich somit gleichzeitig als Katalysator herkömmlicher Wege.