Holtzbrinck und Bonnier wollen Nebenmärkte bearbeiten

Kurs auf neue Kundschaft

20. Juni 2017
von Torsten Casimir
Mit ihrem Joint Venture B + H Buchvertriebsgesellschaft wollen Holtzbrinck und Bonnier verlorene Buchkäufer zurückgewinnen – in Nebenmärkten.

Im Februar angekündigt, im Juni startklar: Die Publikumsverlage von Holtzbrinck und Bonnier machen sich auf, in einem Joint Venture neue Märkte außerhalb des klassischen Buchhandels zu erschließen. Das dafür gegründete Unternehmen B + H Buchvertriebsgesellschaft hat seinen Sitz in München. Geschäftsführer ist Michael Hahn (42). Das teilten die Partner am Dienstag dieser Woche mit. Hahn war zuletzt bei Bonnier für den Nebenmarktsvertrieb der Kinderbuchverlage zuständig und soll den Bereich vorerst auch weiterhin begleiten. Er hatte zuvor leitende Funk­tionen beim MZV-Pressevertrieb inne.

Mit ihrem Joint Venture reagieren Bonnier und Holtzbrinck auf die rückläufige Zahl an Buchkäufern. "Laut GfK haben wir in den letzten fünf Jahren sechs Millionen Buchkäufer in Deutschland verloren", sagt Joerg Pfuhl, CEO der Holtzbrinck-Buchverlage. Darunter seien viele frühere Kunden des Buchclubs und Weltbilds. "Diese gilt es zurückzuholen, wo immer wir sie finden können."

Kannibalisierungseffekt im Buchhandel?

Einen Kannibalisierungseffekt zuungunsten des stationären Sortiments befürchten die beiden Verlagsgruppen in summa nicht. Im Gegenteil: "Sicherlich wird es einen solchen Effekt einerseits geben", räumt der CEO der deutschen Bonnier-Verlage, Christian Schumacher-Gebler ein, "aber andererseits versuchen wir, Buchkäufer aktiv zurückzugewinnen. Der Saldo sollte letztlich deutlich positiv sein." Schumacher-Gebler betont, dass Bücher in der Wahrnehmung der Leser »ein allgemeines Interesse des stationären Buchhandels« seien, und Pfuhl fügt an: "Wir sehen uns hier ergänzend und nicht im Wettbewerb."

Ansage an Random House

An einen weiteren Partner zur Bearbeitung der nicht buchhändlerischen Vertriebswege ist bei der B + H Buchvertriebs­gesellschaft nicht gedacht. Das Unternehmen sei gegründet worden, "um in Märk­te eintreten zu können, in denen wir heute noch nicht sind und in die wir auch nicht über einen bestehenden Partner kommen könnten", erläutert Pfuhl.

In diesen Märkten ist die größte konzerngebundene Verlagsgruppe Deutschlands bereits gut im Geschäft: Random House. Mit ihrem Joint Venture bringen Bonnier und Holtzbrinck nun insgesamt mehr Bestsellerpunkte auf die Waage als der Müncher Marktführer – eine Ansage in Richtung Neumarkter Straße ist das schon, und wird dort auch als solche verstanden. "Wir glauben, es ist für mehr als nur einen Player Raum in diesem Markt", sagt Schumacher-Gebler.

Wachstumspläne

Die B + H Buchvertriebsgesellschaft will sich nicht notwendigerweise auf die Bestseller-Produktionen von Bonnier und Holtzbrinck beschränken. Man sei, was Kooperationen anlangt, "mit anderen Verlagen im Gespräch", sagt Pfuhl.

B + H startet mit drei bis vier Mitarbeitern und wird sich flächendeckende Vertriebsleistung extern zukaufen. Beide Partner des Joint Ventures sprechen von "ehrgeizigen Wachstumsplänen"und wollen sich perspektivisch "keinerlei personelle Schranken auferlegen". Über künftige Kunden auf Handelsseite wollen Bonnier und Holtzbrinck derzeit noch nichts sagen. Auch hier gilt aber: keine prinzipiellen Beschränkungen. "Wir versuchen, alle potenziellen Kunden von unserem Angebot zu überzeugen, und sind zuversichtlich, dass uns das bei vielen auch gelingen wird", so die beiden Verlagsstrategen.