Interaktives Erzählen

"Strukturelles Denken und Kreativität"

1. Oktober 2011
von Börsenblatt
Thema der Konferenz StoryDrive auf der Frankfurter Buchmesse ist unter anderem das interaktive Erzählen an der Schnittstelle von Buch, Film und Games. Wir haben den Interactive Writer Martin Ganteföhr gefragt, ob man für das Schreiben interaktiver Geschichten mehr Organisationstalent als Genie braucht.

"Eine interessante Frage – allerdings in bedrohliche Begriffe gekleidet. Lassen Sie es mich anders versuchen: Das Schreiben interaktiver Geschichten erfordert strukturelles Denken und Kreativität. Nicht als getrennte, sondern als miteinander verschmolzene Fähigkeiten. Es kennzeichnet interaktive Geschichten, dass sie dramatische Inhalte in erforschbare Strukturen fassen. Diese Gebilde zu schaffen – und sie so zu schaffen, dass sie der Erzählung dienen und dem Nutzer interessante Handlungsräume eröffnen – ist Teil der schöpferischen Arbeit."

Wie sieht das in der Praxis aus?
"Der Schreibprozess wird von den Autoren ganz unterschiedlich gehandhabt. Manche schreiben lange Erzähltexte und leiten daraus später interaktive Strukturen ab. Andere beginnen mit einer groben Dramaturgie, die sie dann ausbauen und vertiefen. Es gibt auch Kollegen, die mit wenigen Anhaltspunkten einfach drauflos entwickeln und ihrer Intuition folgen. Über das Maß an schöpferischer Freiheit entscheidet dabei nicht zuletzt die Umsetzungstechnik: Ein Interactive-Fiction-Autor, der allein vor der Tastatur sitzt und dessen Material das geschriebene Wort ist, kann sich ungehemmt entfalten. Große audiovisuelle Spieleproduktionen, die eher wie Filme produziert werden, brauchen dagegen Autoren, die nicht nur die Phantasie für das Denkbare, sondern auch den Blick für das Machbare haben."

Martin Ganteföhr hält am Mittwoch, 12. Oktober, um 15 Uhr auf der Konferenz StoryDrive (Frankfurter Buchmesse) den Vortrag "Transmediales Storytelling".