Interview

"Die geheime Faszination des Bösen"

3. März 2011
von Börsenblatt
Nicht nur junge Autoren gibt es beim Münchener Literaturfestival Wortspiele zuentdecken, sondern auch das Publikum ist jung. Was also zieht jüngere wie ältere Literaturbegeisterte magisch an, drei Abende lang druckfrische Texte live anzuhören? Ein Gespräch mit Wortspiele-Organisator Johan de Blank.

Die „Wortspiele. Internationales Festival Junger Literatur“ organisieren Sie nun zum elften Mal in München. Macht Ihnen die Arbeit überhaupt noch Spaß?
Für mich ist es jedes Jahr wieder eine Art Entdeckungsreise durch die deutschsprachige Literatur. Neben der Präsentation von Debütanten ist es auch spannend, den Werdegang derjenigen Autoren zu verfolgen, die schon einen oder mehrere Romane oder Erzählungen geschrieben haben.
 
Man wirft manchmal jungen Autoren vor, dass ihre Texte platter Realismus seien und sie nicht viel zu erzählen hätten. Wie sehen Sie das?
Bei der Auswahl der Autoren stehen Qualität - sowohl sprachlich als auch inhaltlich - und Originalität im Mittelpunkt. Es gab bis jetzt keine Engpässe bei der Auswahl. Eines sollte man festhalten: Der starke Realismus der letzten Zeit ist vorüber. Die Autoren zwischen 25 und 40 Jahre wagen sich mehr und mehr an komplexe Bildwelten heran.
 
Was sind die wichtigsten Aspekte, die diesmal literarisch zu Wort kommen?
Neben den Dauerbrennern wie Liebe, Freundschaft, Verrat und Glück – Themen, die ja immer neu zu erfinden sind – stehen dieses Jahr die geheime Faszination des Bösen, die Lebensgier in Zeiten der New Economy sowie lustige und herbe Kritik an Konventionen im Mittelpunkt.
 
Von den 17 Autoren sind diesmal mehr als die Hälfte Frauen. Außerdem werden acht Debütromane vorgestellt.- Ein Novum bei den „Wortspielen“?

Es gab tatsächlich noch nie so viele Autorinnen bei den Wortspielen. Ob dies ein Trend ist, kann ich jetzt noch nicht sagen. Dass dieses Jahr relativ viele Debütanten eingeladen sind, ist für mich ein Zeichen für die Lebendigkeit der deutschsprachigen Literatur.
 
Die „Wortspiele“ sind der lebendige Beweis, dass auch Menschen unter 30 sich für Literatur interessieren. Weswegen kommen gerade zu Ihnen so viele junge Leser?
Das Konzept, junge Literatur für ein junges Publikum zu präsentieren, ist  vom Anfang an aufgegangen. Die Auswahl der Autoren und die Themen haben das Publikum bis jetzt immer überzeugt. Auch die lounge-artige Atmosphäre  des Club Ampere im Muffatwerk trägt dazu bei.

Wie viele Besucher verzeichnet „Wortspiele“ an den drei Abenden? Und hat der Besucherandrang in den letzten Jahren zugenommen?
Momentan sind wir insgesamt bei rund neunhundert Besuchern - Tendenz steigend.
 
„The winner takes it all“, heißt es so schön. Am letzten Abend wird der Bayern2-Wortspiele-Preis vergeben. Was nimmt also der Gewinner mit?
Der Gewinner bekommt 2000 Euro vom Bayerischen Rundfunk. An diesen Preis ist ein Stipendium der Villa Aurora in Los Angeles, der ehemaligen Feuchtwanger-Villa, gekoppelt. Der Gewinnertext wird ins Englische übersetzt und es gibt vor Ort eine öffentliche Lesung.
 

Wortspiele. Internationales Festival Junger Literatur: 10. bis 12. März; Club Ampere / Muffatwerk, München, jeweils ab 20.00 Uhr; Tageskarten: 10 / 12 Euro, Festivalkarte: 22 / 24 Euro. Es lesen unter anderem: Xaver Bayer, Rabea Edel, Susanne Heinrich, Julya Rabinowich, Michael Stavaric, Clemens J. Setz.