Interview

"Ich dachte zuerst, das ist ein Witz"

30. März 2011
von Börsenblatt
Regisseur Martin Scorsese hat den Kinder-Roman „Die Entdeckung des Hugo Cabret“ (cbj) von Brian Selznick verfilmt – 2012 soll das Werk in die deutschen Kinos kommen. boersenblatt.net traf den Autor auf der Kinder- und Jugendbuchmesse in Bologna.

Hatten Sie bestimmte Vorstellungen von einer möglichen Verfilmung Ihres Romans?Ich dachte zuerst, das ist ein Witz, dass Martin Scorsese an einer Verfilmung von "Hugo Cabret" Interesse hat. Aber dann war mir bald klar, dass er der richtige dafür ist. Ich halte ihn für den größten lebenden Regisseur und weiß, dass er ein ausgezeichneter Film-Historiker und -Wissenschaftler ist. Gerade weil es in "Die Entdeckung des Hugo Cabret" um Film-Geschichte geht, kann er meinen Roman und meine Graphiken wie kein anderer inszenieren – und das in 3-D. Martin hat eine 10-jährige Tochter, Francesca. Sie liebt mein Buch und hat wohl ihren Teil dazu beigetragen.

Kennen Sie Martin Scorsese persönlich?Ich habe ihn vor Beginn der Dreharbeiten (u.a. mit Johnny Depp, Ben Kingsley und Jude Law) getroffen und jetzt vor kurzem für das Film-Begleitbuch interviewt. Er sagte mir, dass meine Geschichte auch deshalb gut in sein Gesamtwerk passt, weil "Hugo Cabret" eine Vater-Sohn-Geschichte ist. Ich habe Kontakt zum Verfasser des Drehbuchs. Die Adaption bleibt sehr nah an meinem Buch. Ich hatte nicht viel zu tun und kann nur staunend und glücklich beobachten, wie diese wunderbaren Menschen sich von meinem Buch inspirieren lassen und einen Film daraus machen.

Wie kamen Sie zur Kinderliteratur?
Ich habe nach meinem Kunststudium in den 1990er Jahren in New York lange als Kinderbuchhändler gearbeitet und dabei u.a. Maurice Sendaks "Wo die wilden Kerle wohnen" als eine für mich wichtige Sehschule erkannt. Als dann mein erstes Bilderbuch "The Houdini Box" erschien, konnte ich es selbst verkaufen und die Reaktionen der Kunden beobachten.

Alle Welt redet hier von Apps und E-Books. Ist Ihre Text-Bild-Kombination dafür geeignet?"Die Entdeckung des Hugo Cabret" wird es niemals als E-Book geben, denn ich thematisiere darin nicht nur das Kino, sondern auch das traditionelle Buch. Am Ende meines Buches stellt der Leser ja fest, dass das Buch selbst Teil der Geschichte ist. Das würde als E-Book nicht funktionieren, denn man kann ja ein E-Book nicht in Händen halten. Bei mir geht es innerhalb der Erzählung auch um das Umblättern der Seiten, um Papier also. Das kann man nicht sinnvoll digitalisieren. Auch für meinen zweiten Roman "Wonderstruck" ist kein E-Book vorgesehen. Es verträgt sich nicht mit meiner Erzählweise.

Sie sind zum ersten Mal auf der Fiera del Libro per Ragazzi. Was halten Sie von dieser Messe? Haben Sie neue Trends im Kinderbuch entdeckt?Ich bin nicht gut darin, frühzeitig Modeströmungen zu entdecken. Ich schaue lieber auf die individuellen künstlerischen Leistungen. Ich komme gerade von den Norwegern. Es ist erstaunlich, was die skandinavischen Verlage veröffentlichen, richtig schräge Sachen. Ich habe Zigarrenrauchende Katzen mit wundervoll leichtem Strich gezeichnet gesehen. Das wird in den USA niemals erscheinen, aber ich liebe diese künstlerische Energie dahinter. Es ist faszinierend, hier die verschiedenen Stilrichtungen aus verschiedenen Kulturkreisen zu sehen.

 

Brian Selznick wurde 1966 in New Jersey geboren und ist ein Spross der Selznick-Film-Dynastie: David O. Selznick war der Cousin seines Großvaters. Brians Großmutter tapezierte die Wohnung mit Filmbildern und Brian selbst ist seit seiner Kindheit ein begeisterter Cineast, was in seinem innovativen Kinder-Roman "Die Entdeckung des Hugo Cabret" (cbj), der traditionelle Erzählweisen mit einer Graphic Novel verbindet, optisch und inhaltlich zum Ausdruck kommt.