Interview mit Bodo Polzer zur E-Book-Thrill-Edition

"Mir geht es um lebendige Frische und Authentizität"

6. Juli 2015
von Börsenblatt
Bodo Polzer, Geschäftsführer des Kulturverlags Polzer in Salzburg, hat sein Printprogramm um eine Thriller-Edition erweitert, die nur im E-Book erscheint. Boersenblatt.net sprach mit dem Verleger über die Publikumsresonanz, die Titelauswahl und die Übersetzungen.

Im Oktober haben Sie die digitale "Thrill-Edition" gestartet. Sind Sie mit der ersten Resonanz zufrieden?
Kurz nach dem Launch gabe es in den ersten Tagen nach der Frankfurter Buchmesse einen ersten "positiven Ausreißer". Danach wurde es ruhiger, um knapp vor Weihnachten wieder anzuziehen, was auch daran liegen könnte, dass einige neue Titel im Sortiment dazu kamen. Im Durchschnitt wurden die Erwartungen leicht übertroffen, wobei es im zeitlichen Ablauf größere Schwankungen gab, welche näher am Verkauf gedruckter Bücher lagen, als ich es vermutet hätte.
 
Haben sich die niedrigen Preise für die E-Books verkaufsfördernd ausgewirkt?
Ja, definitiv, das berichteten mir auch einige Leser per E-Mail oder privater Facebook-Nachricht.
 
Könnte sich die Preisgestaltung nicht kontraproduktiv für gedruckte Thriller oder auch gedruckte Bücher, die Sie ja ebenfalls verlegen, auswirken?
Diese Gefahr sehe ich derzeit auch deswegen nicht, da ich aktuell noch keine gedruckten Thriller im Angebot habe. Da die Produktionskosten bei E-Books aber generell viel geringer und vor allem auch auflagenunabhängiger sind als bei Taschenbüchern oder Hardcover-Titeln, gehe ich davon aus, dass durch den anteilig höheren Deckungsbeitrag und die hoffentlich stärkeren Verkaufszahlen von E-Books keine Probleme entstehen sollten.
 
Sie haben für die Reihe Bücher verlagsfreier Autoren – vor allem aus dem anglophonen Sprachbereich – ausgewählt. War die Qualität der Autoren ausschlaggebend?
Über Qualität oder Geschmack lässt sich trefflich streiten – mir gefiel bei den unabhängigen Autoren, dass deren oft starken Geschichten "unplugged" veröffentlicht wurden und so auch ins Deutsche übersetzt werden konnten. Die Autoren haben die Freiheit, sich etwas stärker "aus dem Fenster" lehnen zu können, als es ihnen die Lektoren großer Verlagshäuser wohl gestattet hätten, was oftmals zu erfrischend lebendigen, unkonventionellen Ansätzen führt.
 
Wen haben Sie denn mit der Übersetzung betraut? Sind Sie auch selber aktiv geworden?
Begonnen habe ich mit demjenigen Übersetzer, welcher seit Jahren Texte für unser Magazin "salon" zu den "Salzburger Festspielen", welches zweisprachig in Deutsch und Englisch erscheint, zuverlässig und rasch in die jeweils andere Sprache übersetzt. Danach griff ich auf ihm bekannte Übersetzer-Kollegen zurück, wagte mich aber auch selbst an drei kürzere Titel heran, welche ich dann, wie alle anderen Werke, endlektorierte.  
 
Worauf stützen Sie Ihre Überzeugung, dass Thriller-Übersetzungen großer Verlagshäuser häufig unbefriedigend ausfallen?
Rein auf mein subjektives Empfinden, welches aber durch das Lesen von inzwischen über 2.000 Titeln doch schon feiner ausgeprägt ist. Zumindest früher war es oft so, dass etliche Schärfen und Spitzen der englischsprachigen Originaltexte entschärft und durch zu viel gut gemeinten Perfektionismus "verwässert" und geglättet wurden; ebenso erschienen mir die Charaktere, welche im Originaltext oftmals eigenwillige Originale waren, in diesen Übersetzungen als zu sehr angepasst, zu "brav". Die ersten Kritiken unserer deutschsprachigen Ausgaben gehen auch in diese Richtung - etliche bemängeln "leichte Unschärfen in der Übersetzung", loben im gleichen Atemzug die "lebendige Frische und Authentizität" der Texte, und genau darum ging es mir.