Italien startet Kampagne für ermäßigte E-Book-Besteuerung

"Ein Buch ist ein Buch"

8. Oktober 2014
von Börsenblatt
Die italienische Regierung, die derzeit die Präsidentschaft der Europäischen Union innehat, macht sich stark für eine Anpassung des Steuersatzes für E-Books an die ermäßigte Mehrwertsteuer für gedruckte Bücher. Gemeinsam mit der italienischen Buchbranche hat sie deshalb die Initiative "Un libro è un libro" ("Ein Buch ist ein Buch") gestartet, die auch über soziale Medien wie Facebook und Twitter Unterstützer mobilisieren will.

Italiens Kulturminister Dario Franceschini war eigens zur Pressekonferenz angereist, um die Bedeutung der politischen Initiative zu erläutern. Dabei sei er sich nicht nur mit der gesamten Buchbranche, sondern auch mit seinen Ressortkollegen, vor allem dem in der Sache zuständigen Finanzministerium, einig. Grundgedanke der Kampagne ist, dass der Inhalt eines Buchs unabhängig vom Medium sei. E-Books könnten deshalb nicht anders bewertet werden als gedruckte Bücher: Beide seien Kulturgüter. Außerdem wolle man die Verbreitung von Büchern auch mit neuen Technologien fördern. Italien nehme unter der lesenden Bevölkerung in Europa den zweitletzten Platz ein: Mehr als 50 Prozent der Leser würden pro Jahr weniger als ein Buch lesen.

Auch Marco Polillo, Präsident des Italienischen Verlegerverbands Associazione Italiana Editori (AIE), unterstrich die Wichtigkeit der Kampagne: Politik und Literatur müssten in der Sache eine starke Allianz bilden. Es gelte, die Lust an der Literatur und am Lesen zu wecken – unabhängig vom Medium. Rückenwind für die Angleichung der E-Book-Mehrwertsteuer an den ermäßigten Satz für gedruckte Bücher erhoffen sich Polillo und Franceschini von der im Januar 2015 in Kraft tretenden Umstellung der Besteuerung auf das Empfängerland. Ab dann müssen Steuern in dem Land abgeführt werden, in das ein bestelltes Buch geliefert wird. In Italien sind das derzeit 22 Prozent (gegenüber dem ermäßigten Satz von 4 Prozent für gedruckte Bücher), in Deutschland 19 Prozent (gegenüber 7 Prozent).

Strukturelle Krise
In erheblichen Schwierigkeiten steckt derzeit die italienische Buchbranche. Die Verlage hätten im vergangenen Jahr Umsatzeinbußen von bis zu 20 Prozent erlitten, sagte Polillo. Ursächlich sei dafür einerseits das mangelnde Leseinteresse der Bevölkerung, anderseits gerieten immer mehr Buchhandlungen unter Druck – zum Teil deshalb, weil sie die hohen Gewerbemieten nicht mehr aufbringen könnten.

Kulturminister Franceschini, seit sieben Monaten im Amt und in einem bibliophilen Haushalt aufgewachsen, sinnt auf Abhilfe. Eine Möglichkeit, um das Buchhandelssterben zu stoppen, könnte die steuerliche Entlastung von Buchhandlungen sein, vor allem solcher, die Teil der kulturellen Tradition seien. Bücher und Buchhandlungen hätten einen eigenen kulturellen Wert, der nicht an kommerziellen Maßstäben gemessen werden könne.

Ein weiterer Punkt sei die Leseförderung, die bereits in den Grundschulen beginnen müsse. Dies könne etwa durch Literaturfestivals, bei denen Autoren in die Schulen kommen und lesen, unterstützt werden.

Einen hohen Stellenwert räumen Polillo und Franceschini dem Urheberrecht ein. Die Buchpiraterie im Netz raube den Autoren die ökonomische Basis für ihre kreative Produktion. Dies wirke sich negativ auf die gesamte kulturelle Entwicklung aus.

Die italienische Regierung will nun auf EU-Ebene möglichst viele Mitgliedsländer für ihre Initiative "Un libro è un libro" gewinnen. Sollte die europäische Unterstützung ausbleiben, werde man auf nationaler Ebene tätig werden.