Jahrbuch der Buchwissenschaft an der Universität Leipzig

Frische Fußnoten

20. Juli 2015
von Börsenblatt
„Flachware“ steht bei Ausstellungsmachern nicht hoch im Kurs. Das gleichnamige Jahrbuch der Leipziger Buchwissenschaft bietet allerdings alles andere als staubtrockene akademische Hausmannskost. Eben ist der dritte Band des ehrgeizigen studentischen Projekts erschienen.  
Als „Flachware" bezeichnen gestresste Ausstellungsmacher gern Bücher und Dokumente, die in unseren eventverliebten Zeiten als schwer präsentierbar, ja langweilig gelten. „Flachware", das Jahrbuch der Buchwissenschaft an der Universität Leipzig, unterläuft derlei Erwartungshaltungen seit 2010 und wendet sie ins Positive: Es bietet Platz für ungewöhnliche Fragen und Blickwinkel, schließt dabei sämtliche Erscheinungsformen des guten, alten Leitmediums ein und wendet sich historischen Problemen und zeitgenössischen Trends gleichermaßen zu.

Dabei ist das Jahrbuch von der Themenauswahl übers Lektorat bis zur Öffentlichkeitsarbeit Produkt einer studentischen Initiative: Seine Beiträger sind sowohl Studierende als auch Absolventen, Doktoranden und bereits etablierte Wissenschaftler. In den „Fußnoten der Leipziger Buchwissenschaft" präsentieren sie Arbeitsergebnisse und stellen Forschungsimpulse zur Diskussion.

Auch der eben erschienene dritte Band präsentiert sich alles andere als staubtrocken, obwohl nicht selten anstehende runde Jubiläen Ausgangspunkt der Betrachtungen sind. Das Spektrum reicht vom Stellenwert, den das Medium Buch an der 2014 ihren 250. Geburtstag feiernden Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst einnimmt, bis zu Buchhandels- und Verlagsgeschichte oder lesersoziologischen Beiträgen. Die Rubrik „Aufbrüche I" beschäftigt sich mit zwei Unternehmungen Georg von Holtzbrincks, unter anderem dessen „Stuttgarter Hausbücherei" im Vergleich zur Büchergilde Gutenberg, die 2014 ihr 90jähriges Jubiläum begeht. Mit Beiträgen über die Dezimierung Leipziger Antiquariate in DDR-Zeiten, den sorbischen Domowina-Verlag oder die erste Taschenbuchreihe der DDR („Roman für alle") rückt die Geschichte des selbsterklärten „Leselands" in den Blick. In „Aufbrüche II" stehen Leipziger Nachwende-Gründungen wie der Forum Verlag oder die Connewitzer Verlagsbuchhandlung im Fokus. Das abschließende Kapitel „Lesewelten" beschäftigt sich unter anderem mit dem Rostocker Buchbasar, einem Freiluftereignis, auf dem ab den frühen Sechzigern DDR-Autoren unter bunten Sonnenschirmen ihre Bückware an Ostseeurlauber verkauften.

Zur Buchpremiere laden die Studierenden der Buchwissenschaft am morgigen Donnerstag ab 19 Uhr in die Räume der Commerzbank (Thomaskirchhof 22) ein; dort ist derzeit noch die Ausstellung „101 Jahre Insel-Bücherei" zu sehen – ebenfalls ein Projekt der rührigen Leipziger Studenten.

 

Patricia F. Zeckert (Hrsg.): Flachware 3. Fußnoten der Leipziger Buchwissenschaft. Plöttner Verlag, 310 Seiten, 14,90 Euro