Jahrestagung der kleinen unabhängigen Verlage (AkV) in Erfurt

Logistik, Software und VLB-TIX

19. Februar 2016
von Börsenblatt
Die Umwälzungen am Markt treffen alle – die einen mehr, andere weniger. Für die Unternehmen, die sich im Arbeitskreis kleinerer unabhängiger Verlage (AkV) engagieren, gilt wohl letzteres: Die Stimmung in Erfurt, wo sie in diesem Jahr ihre Jahrestagung veranstalten, ist bestens. Die Themen: Logistik, Software und VLB-TIX.

Los ging es gestern Mittag zunächst mit einem Dauerthema: dem Vertrieb. Judith Hoffmann vom Mediacampus Frankfurt stellte Ergebnisse der Expertenbefragung „Vertrieb 2020" vor. Danach wollen Verlage zum Beispiel ihren Direktvertrieb über die eigene Website ausbauen. Nicht wenige Teilnehmer reagierten erstaunt über die Ergebnisse, sehen sie eher als Abbild der Lage in den größeren Häusern. Viel diskutiert wurde über die Umfrage in Erfurt nicht.

Als zweites rückte ein Thema ins Rampenlicht, das auf Tagungen gewöhnlich nur selten vorkommt: Verlagssoftware. Ralf Alkenbrecher (Verlagsberatung@Digitale Medien) gab einen Überblick über neue Lösungen, die für kleinere Verlage interessant sein können, nannte Funktionsunterschiede sowie Vor- und Nachteile von Cloudlösungen.

Bessere Sichtbarkeit der Bücher am Markt: Digitale Vorschauen

Vielen bereits vertraut war, was danach kam: das Thema „digitale Vorschau“. VLB-TIX – den Namen hatte jeder schon mal gehört. Dennoch konnte MVB-Geschäftsführer Ronald Schild die AkVler noch überraschen: „Kleine Verlage können sich in dem System genauso opulent präsentieren wie große“, sagte er; das System mache da keinerlei Unterschiede. Unter den rund 150 Verlagen, die aktuell als Premiumpartner an Bord seien, gebe es längst auch einige Independents – Schild zeigte die Auftritte von Murmann und dem Blottner Verlag, appellierte daran, die Chancen zu sehen. „Sie erreichen alle Buchhandlungen mit einem System“ – wenn sie mitmachen. Machen sie?

Diese Frage sollte bei einer Podiumsdiskussion im Anschluss an Schilds Einführung geklärt werden. Der AkV hatte eigens zwei Buchhändler dazu gebeten – Irene Nehen von der Buchhandlung Otto Melchers aus Bremen, die zugleich für den Arbeitskreis unabhängiger Sortimente (AkS) sprach, und Peter Peterknecht von der Buchhandlung Peterknecht in Erfurt. Ihr Fazit: Buchhändler wollen digitale Vorschauen – nicht alle wollen deshalb aber auf die Printvorschau verzichten.

Irene Nehen erzählte von ihrer anfänglichen Abneigung, schob jedoch sofort nach: „Je näher das Thema kommt, umso sympathischer wird es mir. Es wäre schön, wenn wir 2017 so richtig damit arbeiten könnten.“ Ihr Kollege aus Erfurt, Peter Peterknecht, gehört zu den Pilotkunden des Systems, schult bereits seine Mitarbeiter, will künftig, ab 2017, den komplette Novitäteneinkauf über VLB-TIX steuern. „Wir haben allen unseren Vertretern schon mitgeteilt, dass wir VLB-TIX einsetzen und sie gebeten, entsprechende Schnittstellen zur Verfügung zu stellen.“ Peterknecht zeigte sich guter Dinge, dass das nach einer Übergangsphase von ein bis zwei Jahren alles gut funktionieren könnte.

Fragen aus dem Publikum richteten sich vor allem an Ronald Schild – etwa zur Verfügbarkeit von Backlisttiteln, die den kleinen Verlagen ein großes Anliegen ist. Alle Premiumverlage, die an VLB-TIX teilnehmen, besitzen Zugang auf die komplette Backlist, genauso wie die rund 2900 Buchhändler mit VLB-Abo. Schild wehrte die Vorschläge nicht ab, die Backlist in das System generell mit aufzunehmen – wollte in diesem Punkt aber auch nichts fest versprechen. „Das System funktioniert gut, ist aber noch nicht fertig“, sagte er. „Wir wollen es gern gemeinsam mit ihnen weiterentwickeln.“

Heute bekommt die Gruppe Gelegenheit, das neue Logistikzentrum von KNV / KNO VA vor den Toren der Stadt anzuschauen. Später sprechen Michael Reiche von der HTWK in Leipzig über die Optionen beim Digitaldruck – und Börsenvereinsjustiziar Christian Sprang über die geplante Reform beim Urheberrecht und bei der VG Wort.