Jahrestagung der LG Buch

Gemeinsam gegen Frequenzverluste

25. Juni 2018
von Börsenblatt
Die Frequenzverluste und ihre Folgen – über nichts ist bei der Jahrestagung der LG Buch am vergangenen Wochenende intensiver diskutiert worden. Was die Genossen und ihre Partner jetzt vorhaben: ein Bericht. 

Buchhandlungen und Verlage, gedacht als Tandem: Diesem Gedanken folgen die Mitglieder der LG Buch zwar schon lange, aber sie tun es heute, angesichts der Frequenzverluste in den Innenstädten, mehr denn je. Dass viele Verlage das für sich genauso sehen, und die Tandem-Idee von ihrer Seite neu beleben wollen – die Jahrestagung der Genossen am vergangenen Wochenende in Eisenach (22.-23.Juni 2018) zeigte es. Die Minimesse, bei der die Partner wie jedes Jahr ihre Produkte und Programme vorstellten, die Sachbuch-Workshops, die Vorträge, der Ausflug auf die Wartburg, die informellen Gespräche am Rande: Die Genossen und ihre Partner gingen offen aufeinander zu.

Frequenzverluste gehen alle an

Die Jahrestagung brachte insgesamt 125 Buchhändler, Verlage und Dienstleister zusammen. Was beide Seiten, Händler und Hersteller, verbindet, ist die Frage, was sich gegen die Frequenzverluste in den Innenstädten tun lässt. Sie wurde deshalb gleich zu Beginn der Tagung ins Zentrum gerückt – mit einem Vortrag von Wolfgang Christ (Urban Index Institute, Heidelberg) zum Thema "Markt und Mitte: Die Zukunft der Stadtzentren im Zeitalter der Digitalisierung".

Peter Stephanus, geschäftsführender Vorstand der LG Buch, beschreibt den Vortrag als "phänomenal". Der Stadtplaner habe erklärt, wie sich die Funktionen einer Stadt verändern und es aus Handelsperspektive weitergehen könne, berichtet Stephanus – wobei ihm zufolge die LG Buch-ler einen Hinweis als besonders wichtig empfanden: Dass Städte mehr und mehr zu analogen Knoten im digitalen Netz werden, zu einem Ort, an dem Menschen Urbanität spüren und Lebensqualität genießen wollten. Stephanus: "Wenn Urbanität mit Lebensqualität verknüpft wird, ist das eine gute Nachricht für uns – beides gibt es nur analog."

Schwerpunkt Sachbuch: Trend-Titel gibt es künftig per Push-Belieferung

Die Frequenzverluste blieben auch danach in Eisenach das Thema Nummer eins, auch im Rahmen des Sachbuch-Schwerpunkts am Samstag. Zwei Stunden hatten sich die Mitglieder Zeit genommen, um Wege zu finden, den Sachbucheinkauf für die LG Buch-Mitglieder zu vereinfachen. 

Zahlen zum Markt steuerte Astrid Iffland (Vertriebsleiterin, Piper Verlag) bei – sie benannte dabei auch offen Probleme, zum Beispiel das Problem der Auflagenplanung. Weil Buchhändler beim Ersteinkauf von Sachbüchern besonders vorsichtig seien, ließe sich immer schlechter abschätzen, wie viele Exemplare letztlich gebraucht würden. 

Die Ursache dafür sieht sie jedoch nicht in einem Unwillen auf Seiten des Sortiments, sondern eher darin, dass Buchhändler nicht die richtigen Informationen zur richtigen Zeit haben – ihnen also die Entscheidungsgrundlage fehlt. "Wie kriegen wir es hin, dass das anders wird", fragte Iffland, und lieferte damit den Übergang für die Workshops. Eine Stunde arbeiteten rund 80 Buchhändler in fünf Workshops Ideen, die den Ein- und Verkauf ankurbeln sollen. Fazit: Im ersten Schritt wird mit ausgewählten Mitgliedsbuchhandlungen und einigen Partnerverlagen die Push-Lieferung von Trend-Titeln umgesetzt. 

Welche Ideen sonst noch besprochen wurden, zum Beispiel:
  • Ratgeber als Frequenzbringer. Dafür setzen sich Nicole Schindler und Folkert Roggenkamp ein; sie kamen als Vertreter der IG Ratgeber – Schindler ist Vertriebs- und Marketingleiterin Buch bei Ulmer, Roggenkamp war bis vor kurzem in gleicher Funktion bei Delius Klasing. Ratgeber könnten einen Beitrag dazu leisten, in Frequenzfragen besser abzuschneiden, vor allem, wenn Buchhändler auch Veranstaltungen organisieren würden, argumentierten sie. Dafür müssten sie selbst gar keine Experten in einem bestimmten Thema sein. Roggenkamp zum Reiz der Ratgeber: "Mit Veranstaltungen öffnen Sie Ihre Buchhandlung für Leute, die sonst vielleicht keine Bücher kaufen." (Apropos Roggenkamp: Er macht bald wieder bei einem Verlag Station, behielt den Namen aber noch für sich.)

  • Exklusive Oetinger-Aktion für Kinder. Der Partnerverlag bereitet für den Herbst eine Exklusiv-Aktion für LG Buch-Mitglieder vor, ab September soll sie lieferbar sein. Der Name: „Otilie on tour“. Überall dort, wo Otilie auftaucht, solle sie „ein Bewusstsein dafür schaffen, wie wichtig es ist, Frequenz in den Innenstädten zu halten“, erklärte Vertriebschef Thilo Schmid.  Wie die Aktion ablaufen soll: Buchhändler kooperieren mit zehn Einzelhändler vor Ort – verstecken dort die Plüschratte Otilie, Mittelpunkt der gleichnamigen Non-Book-Linie des Verlags, im Schaufenster. Kinder machen mit sich mit einem Laufzettel in der Hand auf den Weg, Otilie zu suchen – wer sie findet, in ihren zehn Verstecken, wird nach Rückkehr in der Buchhandlung belohnt.     
3 % Dividende, Wechsel im Aufsichtsrat

Die Genossenschaft zahlt Stephanus zufolge für das vergangene Jahr eine Dividende von drei Prozent auf die Mitgliederanteile. Bei der Generalversammlung ging es zudem wieder um Wahlen - diesmal im Aufsichtsrat. Das Ergebnis: 

  • Irene May-Menninger (Buchhandlung May, Heppenheim) und Ulrich Ohm (Buchhandlung Dietsch, Düsseldorf-Benrath) kandidierten nicht erneut für das Amt, für sie kommen Klaus Finke (Buchhandlung Pfister, Bad Krozingen) und Erich Kleene (Bücherinsel Dieburg) neu ins Gremium.
  • Jörn Erler (Professor für Forsttechnik an der Technischen Universität Dresden) wurde im Amt bestätigt, genau wie der Aufsichtsratsvorsitzende Reiner Gollenstede (Buchhandlung Gollenstede, Brake) – sein neuer Stellvertreter ist Klaus Finke


Aktuell sind rund 160 Buchhandlungen (mit 200 Standorten) Mitglied in der LG Buch. Die Genossenschaft hat mehr als 60 Kooperationspartner (Verlage, Dienstleister).