Jalal Rostami Gooran zum Deutschen Buchhandlungspreis

Eine Frage der Fairness

16. August 2016
von Börsenblatt
45 Buchhandlungen wurden beim Deutschen Buchhandlungspreis 2016 zum zweiten Mal nominiert. Jalal Rostami Gooran, Inhaber der Goethe & Hafis Buchhandlung in Bonn, findet das nicht in Ordnung − und wünscht sich mehr Transparenz bei der Arbeit der Jury.

Der Geist der Olympischen Spiele schwebt in den letzten Tagen über unser aller Köpfe und damit auch sein wichtigster Grundsatz: Fairness. So beschäftigt mich als Buchhändler und Verleger, als jemand, der seine "sportliche Disziplin" seit mehr als zwanzig Jahren ausübt, meine Teilnahme am Buchhandlungspreis 2015/2016. Dieser wurde von der Bundesregierung im vergangenen Jahr erstmals verliehen, um inhabergeführte Buchhandlungen mit Sitz in Deutschland, auszuzeichnen.

"Toll", dachte ich letztes Jahr noch und mit mir hunderte weitere geschätzte Kollegen. "Endlich ein Preis, der unsere Arbeit anerkennt."

Die größte Anerkennung – da werden mir alle Kollegen Recht geben – ist die unserer Kunden. Dieser Preis wäre wie der Jubel des Publikums nach der Verleihung der Goldmedaille. Einfach die Kirsche auf der Sahne, das berühmte I-Tüpfelchen. Und nicht zu vergessen die verlockenden Siegesprämien... Was wäre ein Sieg ohne Preis? Schließlich sind wir alle auf finanzielle Mittel angewiesen! Innovation, jede neue Idee, jegliche Investition in die Zukunft, in unsere Branche, bedarf finanzieller Mittel.

Wie kann es jedoch sein, dass ein Preis der sich in seinen Förderungsgrundsätzen zur Aufgabe macht, "[...] eine vielfältige und historisch gewachsene Buchkultur in Deutschland zu erhalten", 45 Preisträger des vergangenen Jahres erneut auszeichnet? (Quelle: Börsenblatt, Heft 32, S. 12).

Bewerbungs- und Bewertungskriterien

An der Unabhängigkeit der Jury besteht kein Zweifel.

Aber: Mit 45 wiederholt gewählten Buchhandlungen hat sie zweifellos Favoriten ausgesucht. Welchen Auswahlprinzipien sie folgt, ist nicht transparent. So bleibt nur die Frage, was allen anderen nicht nominierten Buchhandlungen gefehlt hat... Die restlichen Buchhandlungen, die nicht nominiert wurden, konnten sich demnach nicht gegen diese 45 Buchhandlungen behaupten?!

Die 45 ausgewählten Buchhandlungen haben sich sicherlich durch ihr Engagement ausgezeichnet. Deshalb erhielten sie bereits 2015 für drei Jahre eingereichte Leistungen einen Preis. Darum die Frage: Warum wurden sie nochmals für 2016 nominiert? 

Zweifelhaft sind also die Bewerbungs- und Bewertungskriterien eines solchen staatlichen Preises, für den sich zunächst alle Buchhandlungen mit Sitz in Deutschland qualifizieren, die unabhängig und inhabergeführt sind. Es gibt also keinerlei Bewerbungseinschränkungen für jene, die bereits teilgenommen haben.

Der Preis wird an Buchhandlungen vergeben für besondere Leistungen in den folgenden Bereichen: kulturelles Veranstaltungsprogramm, Engagement bei der Lese- und/oder Literaturförderung, literarisches Sortiment und/ oder innovatives Geschäftsmodell. Auf all diejenigen, die sich beworben haben treffen diese Kriterien zu.

Drei Jahre dokumentiertes Engagement mussten dafür eingereicht werden. In direktem Vergleich stehen nun drei Jahre Arbeit aller, zu einem Jahr der bereits ausgezeichneten 45 Buchhandlungen, da ihnen ja 2015 bereits drei Jahre Arbeit anerkannt wurden.

Eine Lösungsmöglichkeit

Wie kann dem Abhilfe geleistet werden? Dieser Frage muss sich schließlich die Staatsministerin für Kultur und Medien, Frau Grütters stellen und die Herausforderung annehmen, die Bewertungskriterien für alle gleich zu gestalten.

Ermutigung und Motivation ist gerade in unserer Branche ein sehr wichtiger Aspekt. Das Reflektieren über unsere Arbeit und ihre Verbesserung, sollte ein positiver Effekt der Teilnahme am Buchhandlungspreis sein. Doch dies wird durch das einseitige Motivieren von wiederkehrenden Siegern kaum eintreten, sollte an den bisherigen Bewertungskriterien festgehalten werden. Dies führt eindeutig zur Demotivation derer, die sich jedes Jahr aufs Neue mit ihrer Arbeit der vergangenen drei Jahre bewerben und nicht gegen Buchhandlungen, die bereits vergangenes Jahr für ihre drei Jahre belohnt wurden, ankommen. 

Eine Lösungsmöglichkeit könnte so aussehen, dass alle Gewinner nicht mehr wie bisher, jährlich teilnehmen dürfen, sondern nur noch alle zwei Jahre.

Ein solch einmaliger Preis, der noch in den Kinderschuhen steckt, sollte Verbesserungsvorschläge und Kritik als Chance sehen. Als Chance, das zu verwirklichen, was er sich als Ziel gesetzt hat: "[...] eine vielfältige und historisch gewachsene Buchkultur in Deutschland zu erhalten". Dies kann nur verwirklicht werden, indem es  Buchhandlungen durch eine nachvollziehbare transparente Wahl für ihre Arbeit auszeichnet. Letztendlich verliert jeder Preis, so hochdotiert und einzigartig er auch sein mag, seine Berechtigung, wenn nicht Fairness und Gerechtigkeit gewahrt werden!