JHV beim Landesverband Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland

Gute Stimmung trotz Mitgliederrückgang

21. April 2016
von Börsenblatt
Am 20. April traf sich der Landesverband Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland zur Jahreshauptversammlung in der Wiesbadener Villa Clementine. Die Themen: Rückblick, Verbandsfinanzen, Preisbindung und Buy Local. Die Aussichten: heiter bis wolkig.

Am Anfang aber stand ein ausführliches, motivierendes Grußwort von Alexander Skipis. Der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins verglich die Lage des Sortimentsbuchhandels mit dem herrlichen Sonnenschein, der gestern in Wiesbaden vorherrschte: „Ich behaupte fest, dass unsere Branche in einer Situation ist, die dieser Wetterlage entspricht. Seien Sie stolz auf das, was Sie geschafft haben und auf das Standing, das diese Branche in der Gesellschaft hat“ sagte Skipis. Die Digitalisierung sei ein Schock gewesen, der Buchhandel habe gelitten, das Thema aber letztlich als Chance gesehen, investiert und die Wende geschafft. Das stationäre Sortiment habe wieder Marktanteile gewonnen und der Umsatzanteil der digitalen Bücher liege mit 4,8 Prozent Umsatzanteil weit unter den Prognosen, rechnete Skipis vor. „Sie haben es, vielleicht auch mit Hilfe des Verbands, geschafft, das Ansehen dieser Branche hochzuhalten“, so Skipis. Der Buchhandel wecke heute Interesse, mache positiv von sich reden und leiste einen Beitrag zur Gesellschaft. Die Branche werde an ihrem Anspruch gemessen, an ihrem Beitrag zu einer freien, offenen Gesellschaft. „Deshalb müssen wir uns in gesellschaftliche Prozesse einmischen, uns in Fragen der Meinungsfreiheit klar positionieren“, so Skipis.

Buy Local ohne Mitleid

Martin Schwoll von der Buchhandlung Backhaus in Aachen trommelte in Wiesbaden für Buy Local. Die 2012 auf den Buchtagen als Verein gegründete Initiative zählt mittlerweile knapp 700 Mitglieder. Bei Buy Local gehe es darum, nicht gegen, sondern für etwas zu sein, sagt Schwoll, nämlich für lokalen Handel. Schwoll nutzt das Logo von Buy Local an seiner Ladentür, im Internet und auf Flyern – vor allem aber im persönlichen Gespräch mit Kunden. „Wir müssen uns überlegen, welche Vorteile der stationäre Handel gegenüber dem Internet hat, was unsere Existenzberechtigung ist“, so Schwoll. Für ihn ist das die emotionale Kundenbindung – Unterstützung dafür findet er bei Buy Local. Die Initiative biete ihm Inspiration, helfe ihm, mit Kunden ins Gespräch zu kommen, vermittele ein gutes Image. Besonders lohnenswert sei Buy Local, wenn viele Händler vor Ort beteiligt sind. Hier finden Sie mehr über die Ziele und die Teilnahmebedingungen von Buy Local.

In der Diskussion über Buy Local wurde in Wiesbaden besonders bemängelt, dass mit der Initiative im Laden direkt keine neuen Kunden angesprochen werden würden. Susanne Arnold, Buchhandlung Machwirth, Alzey: „Die Kunden, die bei uns in den Laden kommen, die habe ich schon. Ich weiß nicht, wie ich mit Buy Local die anderen erreiche.“ Ergebnis der Diskussion: Die Masse ist entscheidend; es braucht viele Buy-Local-Läden in der Stadt, die sich gegenseitig empfehlen. Schwoll setzt bei seinem Engagement nicht auf die Solidarität der Kunden für den Buchhandel, sondern auf ihr Eintreten gegen die Verarmung der Städte.

Rechtsgeschichten: Preisbindung und VG Wort

Preisbindungstreuhänder Dieter Wallenfels stellte die Grundzüge der geplanten Änderungen bei der Buchpreisbindung vor – und verwies dabei auf dieses Interview mit Börsenvereinsjusitiziar Christian Sprang auf boersenblatt.net. Die vorgesehenen Anpassungen seien „unscheinbar, aber von großer Bedeutung“ so Wallenfels. Besonders hob er die Klarstellung hervor, dass E-Books in der Gesetzesvorlage als Bücher betrachtet werden und die offene Flanke bei der grenzüberschreitenden Buchpreisbindung geschlossen werde. Aus Sicht des Börsenvereins seien damit die wichtigsten Punkte erledigt.

Für Börsenvereinsjustitiar Christian Sprang war der 20. April alles andere als ideal für eine rechtliche Lageeinschätzung, findet doch heute, am 21. April, der wohl wichtigste Prozess der Branche statt: Vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe wird das Urteil im Prozess des Autors Martin Vogel gegen die VG Wort gesprochen. In den 16 Jahren seiner Amtszeit habe es kein annähernd bedrohliches Verfahren gegeben, so Sprang.

Mitgliederbewegung und Etat

907 Mitglieder (248 Verlage, 484 Buchhandlungen, 4 Verlagsvertreter) zählt der Landesverband Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland zum 31. Dezember 2015, das sind 58 weniger als im Jahr zuvor. In Hessen (549 Mitglieder) verzeichnete der Verband im vergangenen Jahr 38 Abgänge (14 Verlage, 17 Sortiment) und 13 Zugänge (4 Verlage, 7 Sortiment, 2 Verlagsvertreter). Aus Rheinland-Pfalz kommen noch 295 Mitglieder, davon 56 Verlag (minus 7) und 163 Buchhandlungen (minus 9). Das kleine Saarland verzeichnet insgesamt 73 Mitglieder (minus 4).

Der Jahresabschluss weist trotz Mitgliederschwund ein Plus von 26.000 Euro aus. Der für 2017 verabschiedete Etat weist ein kleines Minus von knapp 11.000 Euro aus, das aus den Überschüssen der Vorjahre beziehungsweise dem Verbandsvermögen verglichen wird. Das Sorgenkind des Verbands ist das Seminargeschäft: Von 31 im vergangenen Jahr angebotenen Fortbildungen mussten 17 mangels Masse abgesagt werden; 14 Seminare fanden mit insgesamt 130 Teilnehmern statt. Weniger Masse und mehr Klasse soll das neue Motto sein, bei den Themen (mehr Technik, Nutzwert, Vertiefung) und der Mischung will der Verband nun nacharbeiten – und möglicherweise der Anregung von Alexander Skipis gefolgt werden, enger mit dem Mediacampus zu kooperieren. Allerdings ohne die Eigenständigkeit aufzugeben.


Von Leseförderung bis Vertragsrecht

Bei der Rückschau auf das abgelaufene Jahr von LV-Geschäftsführer Klaus Feld nahm die Leseförderung breiten Raum ein. Ob Vorlesewettbewerb, Frankfurter Leseeule, Junges Literaturhaus, Leselust Rheinland-Pfalz oder die Lesedino-Aktion im Saarland – Veranstaltungen zur Leseförderung stehen beim Landesverband Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland oben auf der To-do-Liste. 

„Diese Aufgabe nehmen wir mit großem Ernst wahr, denn damit gewinnen wir nicht nur Leser, sondern auch die Öffentlichkeit und die Politik öffnet uns die Türen“, so Feld. Zum Leistungsnachweis der Geschäftsstelle gehören auch Auftritte auf den Buchmessen, wie der Stand „Kreatives Saarland“ in Leipzig, das Engagement beim Welttag des Buches, die Treffen mit dem Landesverband vor Ort und die Vertretung der Mitgliederinteressen in Arbeitsrechtsfragen bis hin zu kostenlosen Vertragsformularen.

Für Klaus Feld war es die vorletzte turnusmäßige Jahreshauptversammlung - Ende April 2017 tritt er nach 36 Jahren in der Geschäftsstelle des Verbands in den Ruhestand. Die Bewerbungsfrist für die Besetzung der Geschäftsführung des Landesverbands ist abgelaufen, eine Entscheidung soll im Juni getroffen werden.

Der Vorstand

Bei der Jahreshauptversammlung in Wiesbaden wurde Alfred Hofmann, Bessunger Buchladen in Darmstadt als neues Vorstandsmitglied bestätigt. Dem Vorstand gehören nun an:

Vorsitzender Andreas Auth, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt (bis Januar 2017)
Barbara Jost, Kontrast-Verlag, Pfalzfeld
Gerold Belzer, Buchhandlung Quodlibet, Neustadt/Weinstraße
Alfred Hofmann, Bessunger Buchladen, Darmstadt
Jochen Mende, Prolit Verlagsauslieferung Fernwald
Brigitte Gode, Gollenstein-Buchhandlung, Blieskastel
Cornelia Layaa-Laulhé, Buchhandlung Layaa-Laulhé, Cochem
Martina Ricken-Bollinger, Buchhandlung Bollinger, Oberursel
Andreas Schorr, Röhrig-Universitätsverlag, St. Ingbert