Jobprofil Lektor: Oliver Vogel, S. Fischer und Fischer Taschenbuch

Offenheit und Eigensinn

2. März 2015
von Börsenblatt
Das Erscheinen eines literarischen Buches muss heute anders vorbereitet werden als noch vor ein paar Jahren, der Markt ist nicht nur enger, sondern auch anspruchsvoller geworden. Für jedes Buch sucht man einen eigenen Weg.

Wer sind Sie und was machen Sie? Ich bin Programmleiter für deutschsprachige Literatur bei S. Fischer und Fischer Taschenbuch.

Was ist für Sie im Job unverzichtbar? Geduld. Engagement. Begeisterung. Rauflust.

Wie sieht ein typischer Tag in Ihrem Arbeitsalltag aus? Es gibt keinen typischen Tag. Ich spreche mit Kollegen, telefoniere mit Autoren, schreibe etwa 80 Mails und ab und an mal einen Text zu einem Buch; ich lese abends und am Wochenende.

Wie hat sich Ihr Arbeitsalltag in den letzten Jahren verändert? Ich habe das Gefühl, es wird mehr Arbeit, vor allem durch mehr Kommunikation, aber das kann auch täuschen. Allerdings muss die Vorbereitung eines Buches auf sein Erscheinen tatsächlich viel genauer sein als noch vor zehn Jahren. Aber wer weiß? Vielleicht verliert man mit dem Älterwerden auch langsam die Naivität, die an das Glück glaubt und damit rechnet, es würde schon jeder das Buch mit der gleichen Begeisterung empfangen, mit der man selbst es gelesen hat.

Welche Ihrer persönlichen Eigenschaften finden Sie besonders gut, um Ihren Job zu bewerkstelligen? Eigensinn (die felsenfeste Überzeugung, dass ich in der Bewertung eines Buches recht habe). Offenheit (die schnell Bereitschaft, zuzuhören und mich überzeugen zu lassen).

Welche Ihrer persönlichen Eigenschaften sind eher hinderlich? Eigensinn. Aber auch: Ungeduld. (Obwohl ...)

Wie sind Sie zu Ihrem aktuellen Job gekommen? Ich bin gefragt worden.

Welche Ihrer beruflichen Stationen waren wichtig, um den Job zu bekommen? Ich habe während des Studiums bei Suhrkamp gearbeitet, zunächst einige Monate als Aushilfe (Chauffeur, Telefonzentrale, Archive nach dem Alphabet sortieren und andren Krimskrams), dann fünf Jahre im Lektorat der Edition Suhrkamp. Danach war ich noch ein halbes Jahr in der dortigen Marketingabteilung, bevor ich zum Verlag der Autoren wechselte. Dort habe ich den Buchverlag geleitet. Nach vier sehr ereignis- und lehrreichen Jahren, habe ich das Angebot von S. Fischer angenommen. Ich war dort zunächst Lektor für Klassiker, dann für neuere deutschsprachige Literatur, schließlich 2002 Programmleiter für beide Bereiche.

Welche Ausbildung/welches Studium haben Sie absolviert? Germanistik, Philosophie und Anglistik.

War Ihre Ausbildung nötig, um Ihren jetzigen Job auszuüben? Ja.

Was treibt Sie an, jeden Morgen aufzustehen und zur Arbeit zu gehen? Meine Freundin.

Welche Aspekte Ihres Jobs machen Sie (un)zufrieden?
Ich entscheide mich für Autoren und für Bücher. Es macht mich unzufrieden, wenn jemand (im Buchhandel, in den Redaktionen) diese Entscheidungen nicht versteht. Zufrieden machen mich die Bücher: wenn sie frisch aus der Druckerei kommen und auch danach. Dass aus Texten Bücher werden, ist für mich immer noch etwas Besonderes, und es macht mich eher froh als zufrieden.