Kommentar

Google: Profit mit Büchern

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Man stelle sich ein riesiges Bücherregal vor, gefüllt mit zehn Millionen Büchern. Die Bände ergeben aneinander gelegt drei mal die Luftlinie München-Hamburg. Dieses Buchregal steht bei Google. Dass der Suchmaschinen-Gigant aus diesem Kapital über kurz oder lang Profit schlagen würde, lag nah. Ein Kommentar von Börsenblatt-Redakteurin Sandra Schüssel.

Die Bücher liegen schon auf dem Google-Server. Was fehlte, war ein kostenpflichtiger Zugang, über den Nutzer nicht nur Auszüge, sondern das gesamte Buch lesen können. Lesen, wohlgemerkt. Das Herunterladen auf ein eigenes Endgerät ist derzeit laut Google nicht geplant. Zum E-Book gesellt sich das M-Book, das Mietbuch.

Google betont immer wieder, man trete nicht in Konkurrenz zum Buchhandel, da man ja nur den Zugang, und nicht das Buch an sich verkauft. Ob der Käufer so genau unterscheiden wird, ist fraglich. Bei den Inhalten für Amazons Kindle tut er es jedenfalls nicht. Google wird so zu einem gewichtigen Konkurrenten für E-Book-Händler.

Für die Buchbranche ist das eine bittere Botschaft. Sie tut gut daran, Alternativen zum kostenpflichtigen Google-Buchregal aufzubauen. Zum Beispiel libreka! Die Branchenplattform hat das Potenzial, einen schnellen Zugang zu Büchern zu bieten, auch wenn an Usability und Markenbekanntheit noch gearbeitet werden muss.

Aus rechtlicher Sicht spricht nichts gegen Google als E-Book-Anbieter, solange Verlage sich bewusst dafür entscheiden, ihre Bücher als "Google Edition" zur Verfügung zu stellen. Verleger sollten aber ganz genau hinsehen: Wie steht es um die Zugriffsrechte? Heute ist es möglich, dass sich gleichzeitig mehrere Leute in einen Google-Account einloggen. Benutzername und Passwort ließen sich prima unter Interessierten verteilen. Das wäre Zugangs-Sharing auf die einfache Art. Damit man zum Lesen nicht immer online sein muss, soll es laut Annabella Weisl, Buchsuche-Managerin bei Google Deutschland, die Möglichkeit geben, die E-Books in der temporären Ablage des Bowsers (Cache) zu speichern. Auch hier könnten Sicherheitslücken entstehen.

Für die Käufer einer "Google Edition" stellt sich die Frage, wie zuverlässig der Suchmaschinenanbieter als Cloud-Anbieter ist. Werde ich in zehn Jahren immer noch Zugang zu meinen Büchern haben, zu den gleichen Konditionen? Google hat mit seinem "Don´t be evil"-Image sicherlich einen Vorsprung gegenüber kleineren, unbekannteren Anbietern. Doch die Bedenken bleiben, ob nicht wie bei Amazons Löschpanne der Kunde den Kürzeren ziehen würde, wenn Google in Bedrängnis gerät.