Kommentar

Multimedia: Einfach war gestern

11. November 2009
von Börsenblatt
Das radikal veränderte Medienverhalten von Jugendlichen treibt Verleger um. Dass die Liaison der Buchwelt mit der Video- und Gamesindustrie erst in den Kinderschuhen steckt, liegt an der Komplexität der Sache. Ein Kommentar von Börsenblatt-Redakteurin Sandra Schüssel.

Internet, Film und Computerspiele übernehmen zunehmend das, was früher Bücher geleistet haben: Sie informieren und bilden, sie führen in Fantasiewelten und bieten Identifikationsfiguren. Interaktivität und technisch gestützte Rückkoppelung ist für die Generation der Digital Natives selbstverständlich.

Auch wenn das Riepl’sche Gesetz besagt, dass keine neue Mediengattung eine alte völlig verdrängt: Es nützt nichts, wenn Büchermacher der Idee nachhängen, Bücher könnten das "Kino im Kopf" am besten antreiben. Die Informations- und Unterhaltungsbedürfnisse ändern sich. Und damit auch das Modell, mit welcher Art von Informationsvermittlung und Storytelling Verlage künftig einen Großteil ihres Geldes verdienen können.

Dass Büchermacher das multi­mediale Erzählen nur zaghaft angehen, liegt zum einen an der Komplexität der Sache. Das fängt beim Verständnis der Autorenrolle an: Der traditionelle Buchautor ist sein eigener Regisseur, sein eigenes Team, sein eigener Schauspieler. Sein Buch ist ein fertiges Werk. Ein Multi­media-Autor ist Organisator des Unfertigen. Er plant, was mit welchen Formaten produziert werden kann, orchestriert Ton-, Video- und Textproduzenten. Das erfordert neben der kreativen Arbeit technisches Verständnis und Organisations­talent.

Noch bewegt sich multimediales Erzählen im Niemandsland zwischen Buch-, Games- und Filmindustrie. Noch überwiegen die Versuche, das jeweilige Ursprungsmedium weiterzuentwickeln. Die Claims sind noch nicht gesteckt. Jede Kreativ-Branche könnte in einigen Jahren als Sieger hervorgehen. Oder verlieren.