Kommentar

Konditionen: Umsatz zählt! Und Engagement?

20. Januar 2011
von Börsenblatt
Ein kompliziertes System individueller Rabattregeln wird die Lage nur verschlimmern. Ein Kommentar von Börsenblatt-Redakteurin Tamara Weise.
Eins plus eins macht zwei. Und wer viel Umsatz garantiert, bekommt auch mehr Rabatt. Klare Sache, sagen Filialisten und Verlage – und auch all jene, die sich rühmen, die Grundrechenarten besonders gut zu beherrschen.  
Filialisten wird gern zugute­ge­halten, sie brächten ja nicht nur viel Umsatz, sondern arbeiteten auch noch hochprofessionell. Zu Recht lösen solche Reden bei Inhabern kleinerer, unabhängiger Buchhandlungen Befremden aus, mag man sich doch nicht pauschal zu den Unprofessionellen zählen lassen. Was aber überrascht, ist deren Wunsch, dass Rabatte künftig nicht mehr in erster Linie nach Umsatzgröße bemessen werden – sondern individuell. Je nachdem, zum Beispiel, wie engagiert sie sich für das Programm eines Verlags einsetzen. Oder je nachdem, ob sie an ihrem Standort im Wettbewerb zu Filialisten stehen.
Für Grundrechenartenbeherrscher klingt das so, als hätten die Kleinen immer noch nicht verstanden, wie das Geschäft läuft. Was aus dieser Perspektive einer bloß zahlenorientierten Argumentation übersehen wird: Wirtschaft ist eben nicht nur "eins plus eins". Wirtschaft lebt von Beziehungen, ist zu einem guten Teil auch Psychologie.

Also doch mehr Spielraum für individuelle Stärken? Verlage sollten jedenfalls tunlichst vermeiden, den Unabhängigen, die sich in oft schwieriger Situation ungebrochen für die Produkte der Verlage ins Zeug legen, das Gefühl zu vermitteln, die Minderleister unter den Händlern zu sein. Aber sie sollten dennoch auf ein zu kompliziertes System individueller Rabattregeln verzichten. Das würde die Situation nur verschlimmern. Und zu mehr (Rabatt-)Gerechtigkeit führt es auch nicht.