Kommentar

Berlin Verlag: Neue Chancen für ein Revival

7. März 2012
von Börsenblatt
Warum die Verbindung zu Bloomsbury für den Berlin Verlag nicht von Dauer war und weshalb die neue Partnerschaft mit Piper segensreich sein könnte. Eine Einschätzung von Börsenblatt-Redakteur Holger Heimann.

Die britisch-deutsche Ehe ist zu Ende. Rückblickend ist man in solchen Augenblicken geneigt, schon früh Differenzen auszumachen. Doch die internationale Verbindung Bloomsbury, London, und Berlin Verlag ließ sich keineswegs schlecht an, jedoch gründete sie von Anfang an auf einem wenig ausbalancierten Miteinander: Die Engländer hatten Geld, die Deutschen keines. Der Bruch aber kam erst mit der neuen »Weltstrategie«von Bloomsbury. Maßstab für das Ziel, Titel weltweit in allen Formaten zu vermarkten, ist den Briten nicht länger die traditionelle Verlagsindustrie, sie orientieren sich eher an Unternehmen wie Google und Amazon. Vielleicht sind sie sogar erfolgreich. Der Abschied vom deutschen Sondermarkt ist unter solchen Auspizien jedenfalls nur folgerichtig.  

Es geht auch anders. Das im Laufe der Jahre immer ausgedehntere Engagement der schwedischen Bonnier-Gruppe zeigt, dass das hiesige Buchgeschäft für ausländische Unternehmen durchaus auch in Zeiten von Technikboom und Internationalisierung lukrativ sein kann, was passable Gewinnaussichten selbstverständlich mit einschließt. Die Schweden haben im Lauf der letzten Jahre einen starken deutschen Zweig mit Verlagen wie Piper, Ullstein und Carlsen etabliert und mittlerweile beim Gesamtumsatz mit Holtzbrinck beinah gleichgezogen– beide kommen auf über 200 Millionen Euro. Wie die Stuttgarter Führung, so setzen auch die Unternehmer aus Stockholm gezielt auf Dezentralität und eigenständige Hauskulturen.

Dem Berlin Verlag nebst dem deutschen Bloomsbury-Zweig eröffnet sich – vorbehaltlich der Zustimmung des Kartellamts – nun jedenfalls endlich wieder eine ersprießliche Perspektive. Im Verbund mit dem Piper Verlag, der so die offenbar für jedes Haus, das auf sich hält, als unverzichtbar geltende Berliner Anbindung bekommt, scheinen die Chancen für ein Revival trotz des zuletzt empfindlichen Aderlasses besser, als sich das vor kurzer Zeit noch vermuten ließ.