Konditionen

"Ein klarer Verstoß gegen die Preisbindung“

24. Juli 2015
von Börsenblatt
Thalia erhält einen Rabatt von 50 Prozent, Amazon liegt bei 55 Prozent plus versandkostenfreier Lieferung – im Börsenblatt-Roundtable wird das Schweigen über eine fragwürdige Handelspraxis gebrochen.
Mit den Regeln der inneren Preisbindung, das zeigt das Gespräch, das in der heutigen Ausgabe des BÖRSENBLATT und auf Boersenblatt.net nachzulesen ist, nehmen es einige Branchenteilnehmer offenbar nicht so genau. Klar ist: Der Druck der großen Handelsunternehmen auf die Verlage wächst. Hier in komprimierter Form einige Aussagen aus dem Gespräch mit drei Interviewpartnern, die anonym bleiben sollen: • Thalia erhält vom befragten Verlag einen Höchstrabatt von 50 Prozent – fünf Prozentpunkte mehr als die Osiandersche Buchhandlung. Damit gewährt der Verlag dem Hagener Filialisten einen höheren Rabatt als manchem Barsortiment – ein klarer Verstoß gegen die Buchpreisbindung seitens des Rabattgebers. • Verlage gehen mit ihren gewährten Rabatten „häufig an die absolute Schmerzgrenze, um ihre Marktpräsenz zu sichern“. Bei 50 Prozent Rabatt ist aber noch lange nicht Schluss: Weltbild oder Amazon liegen zum Teil noch deutlich darüber. Beim größten Onlinehändler „liegt die Messlatte eher bei 55 plus“– bei versandkostenfreier Lieferung. • Die Abhängigkeit der Verlage von den Großkunden wächst: Mit den 15 besten Kunden plus die Barsortimente machen Verlage 65 Prozent des Umsatzes. Präsenz müssen sich Verlage durch hohe Rabatte erkaufen. • Der Rabatt darf nicht allein am Umsatz gemessen werden, sagt das Preisbindungsgesetz. Die Realität für das unabhängige Sortiment sieht aber anders aus: „Die Standardsituation ist doch die, dass der Vertreter in sein Laptop schaut, wie viel Umsatz gemacht wurde und ob man sich noch in der richtigen Rabattkategorie befindet.“ • Die Remissionsquoten kleinerer Sortimente erreichen allerdings bisweilen erschreckende Höhen von 60 bis 70 Prozent – Amazon remittiert dagegen nur 0,5 Prozent. • Viele Missstände sind in der Branche bekannt – es wird aber nie offen darüber geredet. „Manchmal entsteht der Eindruck, dass es in der Buchbranche ähnlich zugeht wie beim Doping im Radsport: Wer mit Missständen an die Öffentlichkeit geht, wird zwar Ruhm ernten“, sagt der Vertriebsleiter. „Im eigenen Umfeld seiner Großkunden und Verlagskollegen wird er aber zum schwarzen Schaf und auf ewig kein Bein mehr auf den Boden bekommen." Hier lesen Sie das BÖRSENBLATT-Roundtable in kompletter Länge!