Konditionen im Buchhandel

"Verlage sollten nicht nur auf den Umsatz schauen"

26. Februar 2015
von Börsenblatt
Die Konditionendebatte läuft auf vollen Touren: Buchhändler wünschen sich Korrekturen am alten Rabattmodell – und mehr Fantasie bei Verlagen. Wie das in der Praxis aussehen könnte? Und welche Rolle dabei das neue Spartenpapier spielt, auf das sich Sortimenter-Ausschuss und Verleger-Ausschuss jetzt geeinigt haben? Antworten von Heinrich Riethmüller, Geschäftsführer der Osianderschen Buchhandlung und SoA-Vorsitzender.

Ein neues Spartenpapier soll helfen, die Frage nach angemessenen Konditionen leichter zu beantworten – der SoA arbeitet daran seit fast zwei Jahren. Wie weit sind Sie gekommen?
Riethmüller:
Ich bin zuversichtlich, dass wir das Papier in den nächsten vier Wochen zu einem guten Ende bringen werden.

Warum war so schwierig, sich zu einigen?
Riethmüller: Zum einen gibt es unterschiedliche Bewertungen innerhalb des Sortiments, je nach Größe und Ausrichtung. Die Interessen, Konkurrenzsituationen und  Ansprüche beispielsweise bei Fachbuchhändlern sind andere als bei Buchhändlern mit einem allgemeinen Sortiment. Und dann haben sich die Verleger eben viel Zeit gelassen, um auf unser Papier zu reagieren.

Verlage favorisieren eher individuelle Vereinbarungen. Was meinen Sie?
Riethmüller: Individuelle Lösungen sind natürlich eine wichtige Ergänzung zu allgemeinen Konditionen – das Preisbindungsgesetz fordert ja auch, nicht nur den Umsatz zur Bemessungsgrundlage von Konditionen zu machen, sondern ebenso andere Faktoren zu honorieren. Alles, was dazu dient, den stationären Buchhandel zu unterstützen, ist zu begrüßen.


Wie kann da das Spartenpapier helfen?
Riethmüller: Leider lassen sich im Spartenpapier keine Zahlen oder Rabattkorridore festhalten. Der Versuch wurde schon einmal unternommen und scheiterte am Bundeskartellamt – dadurch bleiben natürlich Spielräume für Interpretationen und eine gewisse Unverbindlichkeit bestehen. Auf der anderen Seite wird durch das Papier und seine Entstehungsgeschichte nochmals klar, dass nur durch ein breites Distributionsnetz stationärer Buchhandlungen die Schaufenster für Bücher erhalten bleiben.

Manche halten das nicht mehr für nötig.
Riethmüller: Ich schon. Verlage werden auch in zehn Jahren noch die meisten ihrer Bücher im Sortiment verkaufen – Kunden halten sich in beiden Welten auf, der realen wie der digitalen. Ein Spartenpapier mit appellativem Inhalt kann und soll bewusstseinsändernd wirken, den Verlagen klar machen, dass der Vertriebskanal stationäres Sortiment auch in Zukunft wichtig ist, vielleicht sogar der wichtigste Vertriebskanal bleibt.

Damit das gelingt, wünschen sich Buchhändler von Verlagen neue Konditionenmodelle. Wie könnten diese aussehen?
Riethmüller: Es gibt ja schon einige Verlage, die nicht nur umsatzbezogene Konditionen anbieten und gezielte Aktionen honorieren. Darüber hinaus sind portofreie Lieferungen und Bonussysteme Anreize, sich für bestimmte Verlage besonders einzusetzen. Nochmal: Verlage müssen im eigenen Interesse alles daran setzen, das stationäre Sortiment, das höhere Kosten als der Versand- und Internetbuchhandel hat, besser zu stellen als heute.

Kann das der einzige Weg sein? 
Riethmüller: Rendite ist das eine, Volumina sind das andere. Was nützt also eine bessere Rendite, wenn der Umsatz nicht stimmt? Da helfen bessere Konditionen allein nicht weiter. Jede Buchhandlung muss deshalb versuchen, ihre eigenen Prozesse zu verbessern – zu überlegen, ob bei geringen Umsätzen Verlagsdirektbezüge sinnvoll sind. Oder das Beitreten zu Einkaufs- und Werbeverbünden prüfen, und sich bewusst werden, dass neben dem lokalen Auftritt auch ein gelungener, leistungsfähiger Internetauftritt heute zum Überleben wichtig ist. Zudem sollte keiner die Augen davor verschließen, dass die Digitalisierung der Branche weiter voranschreiten wird – hier geben die MVB und der AkS gute Unterstützung. Man muss sie eben auch nutzen. Sortimenter sind also genauso wie Verlage gefordert, professionell zu arbeiten und Kunden dort abzuholen, wo sie sich aufhalten. Eine Buchhandlung allein reicht dazu in der Regel nicht mehr aus. Da sind Vernetzungen aller Art gefragt, digital wie lokal.


Interview: Tamara Weise

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