Konflikt zwischen Weltbild und Betriebsrat

Arbeitsgericht setzt Einigungsstelle ein

22. April 2015
von Börsenblatt
Das Arbeitsgericht Augsburg hat heute entschieden, eine Einigungsstelle einzusetzen, um einen Interessenausgleich zwischen Also Logistik sowie Weltbild Retail auf der einen Seite und dem Betriebsrat auf der anderen Seite herbeizuführen. Als Vorsitzender der Einigungsstelle wurde Holger Dahl von Roland Lukas Konfliktlösungen (Frankfurt am Main) bestimmt. Update: Der Weltbild-Betriebsrat kündigt an, gegen das Urteil in Berufung gehen zu wollen.

Der 1969 geborene Rechtswissenschaftler Holger Dahl arbeitete zunächst als Fachanwalt für Arbeitsrecht sowie in Personalabteilungen eines Luftverkehrs- und eines Personaldienstleistungsunternehmens, bevor er 2003 als Richter in die Hessische Arbeitsgerichtsbarkeit eintrat. Seither leitet er Einigungsstellen, Schlichtungen und Mediationen und betreibt seit 2010 mit Roland Lukas das Unternehmen Roland Lukas Konfliktlösungen.

Die Weltbild-Geschäftsführer Patrick Hofmann und Sikko Böhm begrüßten in einer Stellungnahme die Einrichtung der Einigungsstelle, damit der "notwendige Unternehmensumbau" vorangetrieben und "langfristig die Zukunft von Weltbild und Arbeitsplätze" gesichert werden könne. Nach wie vor seien sie zu konstruktiven Gesprächen bereit. Aus Unternehmenssicht gehe es vor allem um eine Einigung über die innerbetriebliche Organisationsstruktur.

Dank einer "positiven Geschäftsentwicklung" sowie "über Plan" liegenden Zahlen und aufgrund der Personalfluktuation stehe das Thema Personalabbau bei Weltbild Retail dagegen nicht mehr im Zentrum der Verhandlungen zwischen der Weltbild Geschäftsführung und dem Betriebsrat. "Es geht gegenwärtig noch um einen Personalabbau von 60 Stellen. Darstellungen, wonach bei Weltbild 300 Stellen abgebaut werden sollen, sind falsch", teilte Weltbild-Sprecherin Eva Großkinsky mit.  In der Weltbild Gruppe (ohne Also Logistik) sind zurzeit 1372 Mitarbeiter beschäftigt, künftig sollen es 1312 sein.

[Update von 16:31 Uhr] Dieser Darstellung widerspricht Betriebsrat Timm Boßmann. Er spricht von einem "bewussten Täuschungsversuch": Weltbild Retail und Also Logistik bilden nach seiner Darstellung einen Betrieb mit einem gemeinsamen Betriebsrat. So habe das Unternehmen es auch beim Gerichtstermin in Augsburg dargelegt. Durch das Herausrechnen der Logistik versuche das Unternehmen das wahre Ausmaß des geplanten Personalabbaus zu verschleiern. Nach wie vor ständen 200 Stellen in der Logistik auf der Streichliste.

Auch der Personalabbau bei Weltbild-Retail betreffe nur rechnerisch 60 Vollzeitstellen - aber mehr als 60 angestellte Mitarbeiter. Die Personalfluktuation hat nach Ansicht Boßmanns zudem keinen Einfluss auf weitere Kündigungen: "Es sind vor allem hochqualifizierte Mitarbeiter, die das Weite suchen", etwa aus dem IT-Bereich und aus Führungspositionen. Diese Mitarbeiter würden nachbesetzt, "auf Sachbearbeiterebene wird es eine Kündigungswelle mit voller Wucht geben." Boßmann kündigte an, dass der Betriebsrat gegen das Urteil des Augsburger Arbeitsgerichts Berufung einlegen wolle. Nach wie vor verweigerten die Geschäftsführungen Verhandlungen mit dem Betriebsrat; so soll zum wiederholten Mal ein Monatsgespräch zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat ersatzlos abgesagt worden sein.