Kongress der Deutschen Fachpresse 2013

Horizont 3 rückt näher

5. Juni 2013
von Börsenblatt
Transformation – das Buzz-Wort des diesjährigen Fachpressekongresses in Essen – hat zunächst eine abstrakte Bedeutung. Je konkreter sich Verlage mit den notwendigen Veränderungen in ihren Häusern auseinandersetzen, desto klarer wird, was "Transformation" wirklich bedeutet: die Neudefinition des eigenen Selbstverständnisses, den Umbau aller Prozesse, eine immense Beschleunigung der Innovationszyklen. Davon konnte man sich anhand der Präsentationen und Weckrufe des Vormittags überzeugen.

Konferenz-Gastgeber ThyssenKrupp ist selbst ein gutes Beispiel für Wandel: Nach den Turbulenzen und Milliardenverlusten der vergangenen Jahre hat man das Portfolio verschlankt: Nur noch 30 Prozent des Geschäfts wird mit Stahl gemacht, der größte Teil des Know-hows (Ingenieurkunst) fließt in neue Geschäftsfelder.

Wie ein internationaler Fachverlag die Herausforderungen der digitalen und global vernetzten Welt meistert, führte Matthijs Lusse, CFO des Verlagsbereichs Legal & Regulatory bei Wolters Kluwer, vor. Von 2004 bis heute hat sich der Verlag vom mehrheitlichen Print-Anbieter (52 Prozent des Umsatzes) zum Produzenten von Online-Diensten und Workflow-Lösungen für professionelle Anwender (zum Beispiel Anwälte) entwickelt (Digitalanteil 2012: 74 Prozent). Softwarefirmen wurden akquiriert, das Portfolio konzentriert, gleichzeitg wird in neue Geschäftsbereich, unter anderem in den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) investiert.

Markus Reithwiesner (Haufe Mediengruppe) erzählte im Anschluss die Geschichte des klassischen Verlags, der sich in ein modernes E-Business-Unternehmen gewandelt hat. Der Umbau konnte nur gelingen, weil man sich zuvor über die Ziele, die Strategie und die neuen Strukturen verständigt hatte. Entscheidend für den Erfolg war auch ein verändertes, agiles Projektmanagement. Dazu gehört es auch, in gestaffelten Horizonten zu denken: Horizont 1 bezieht sich auf das Kerngeschäft, Horizont 2 auf die Entwicklung neuer Produkte – und Horizont 3 nimmt all das in den Blick, was noch kommen könnte.

Horizont 3 ließ der Berater für Digitalstrategien, Ibrahim Evsan (3rd place) vor den Kongressteilnehmern aufziehen: Er stellte Googles visionäre Datenbrille "Glass" vor und prophezeite, dass dies der Beginn einer neuen evolutionären Stufe im Prozess der Digitalisierung sei. "Google will die komplette Integration des Lebens in ein Google-Netzwerk", meint Evsan. So plane der Konzern gerade, eine globale Bank zu werden, und habe zudem eine Börsenlizenz beantragt. Der Marktmacht des digitalen Riesen könne man nur mit einer vernetzten Aktion aller Fachverlage etwas entgegensetzen.

Der Kongress der Deutschen Fachpresse wird an beiden Tagen von Torsten Casimir, Chefredakteur des Börsenblatts, moderiert. Am heutigen Abend werden die Fachpresse Awards verliehen.