Leipziger Buchmesse

Bühne für Independents

20. Juli 2015
von Börsenblatt
Umsturz, der sich rechnet? Ein illustres Kleinverleger-Treffen im Leipziger Centraltheater beschäftigte sich mit unternehmerischem Handeln zwischen Literatur und bildender Kunst, Politik und Geschäftssinn. 

"Nur als Kapitalist ändert man das, was ist." Die Worte aus Alexander Kluges Film "Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos" (1968), zitiert vom Leipziger Autor und Verleger Jan Wenzel (Spector Books), beschreiben recht gut eine Szene, die seit einigen Jahren mehr und mehr von sich reden macht − und das weltweit, von Berlin über London, New York und Tokyo.  Unabhängige Kleinverlage, Magazine und Mini-Editionen, von Autoren und Gestaltern in Eigen-Regie hergestellt und vertrieben, boomen; manche, wie der von Dave Eggers mitbegründete Verlag McSweeney’s (San Francisco) werden sogar regelrechte Renner. 

Im Grunde kann jeder Kulturproduzent werden, doch nur die Pfiffigsten haben nach dem ersten Buch oder Magazin noch Geld fürs nächste. Rasend schnell geht alles: Was gestern noch Underground war, wird heute in den publizistischen Mainstream eingespeist. Eine Renaissance des Handgemachten, undogmatisch und experimentierfreudig. Die Szene trifft sich auf eigenen Messen wie der "Handmade & Bound" (London) oder der "Off Press"-Show der Art Basel − in deutlich kleinerem, aber durchaus illustren internationalen Kreis kommt man zur Leipziger Buchmesse seit drei Jahren im Centraltheater zusammen.

Unter dem Motto "It's a book, it's a stage, it's a public place" liefen diesmal mehr als 20 unabhängige Verlage und Publikationsprojekte auf − von Anagram Books (London) über das Journal of Aesthetics & Protest (Los Angeles) bis zu Spector Books aus Leipzig, die die anregende Mischung aus (Verkaufs-)Messe und Vortragsprogramm organisierten. Die Vorträge und Gespräche auf der Treppe des Garderobenfoyers kreisten um die Gretchenfrage, wie sich Subversion mit dem Sinn fürs Rentable verbinden lässt, kurz: Wie man gute Bücher überlebt. Mit dem Ende der Intendanz Sebastian Hartmanns, der den umtriebigen Self-Publishern in den letzten drei Jahren seine Spielstätte öffnete, wird sich die kleine "Parallelmesse" (Wenzel) neu aufstellen müssen. Die Gesprächsreihe "Wie wird man Verleger", die am Samstag mit Michael Krüger eröffnet wurde, wird jedoch in Leipzig übers Jahr fortgesetzt − demnächst kommen Susanne Schüssler (Wagenbach) und Matthias Rötzer (Matthes & Seitz).