Leipziger Buchmesse 2017

"Fest der Demokratie"

22. März 2017
von Börsenblatt
Jetzt geht’s los: Vor Beginn der Leipziger Buchmesse blickt die Branche wirtschaftlich stark und selbstbewusst in den Bücherfrühling. Die Messe freut sich abermals über mehr Aussteller – und dürfte eminent politisch werden.

Auf der Agenda von Martin Buhl-Wagner gehört die Buchmesse-Eröffnungspressekonferenz zu den erfreulichen Terminen. Diesmal konnte der Geschäftsführer der Leipziger Messe ein „deutliches Ausstellerwachstum“ bei seinem Zugpferd vermelden: Mit 2.493 Ausstellern aus 43 Ländern (inklusive Leipziger Antiquariatsmesse und Manga Comic-Con) konnte der Vorjahreswert (2.250) klarer als erwartet übertroffen werden. Beim Versuch einer Erklärung hält es Buchmesse-Direktor Oliver Zille mit dem Liedermacher Wolf Biermann: „Nur wer sich ändert, bleibt sich treu.“ Abermals hat die Messe einen Spagat zu bewältigen – es gelte „das Gute zu Bewahren und Neues zu entwickeln“. Die Messe profitiert vor allem durch das konzeptionelle Einschwenken auf den digitalen Wandel – mit dem Fachprogramm autoren@leipzig, der Bloggerkonferenz oder dem Startup-Village Neuland 2.0 setze man auf Geschäftsmodelle, die sich, so Zille, „auf noch ungesichertem Terrain bewegen“.   


„In Leipzig fühlen wir, die deutsche Buchbranche, uns sehr gut aufgehoben“, meinte denn auch Alexander Skipis. Der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins blickt – mit einem erfolgreichen Jahr 2016 im Rücken – selbstbewusst auf die kommenden Herausforderungen. Trotz der insgesamt positiven wirtschaftlichen Entwicklung sieht Skipis jedoch wichtige Rahmenbedingungen für die Arbeit der Branche in Gefahr. Mit Sorge verwies er auf das geplante Urheberrechts-Wissensgesellschaftsgesetz, mit dem die Bundesregierung noch in der laufenden Legislaturperiode den Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen, Lehr- und Lernmedien neu regeln will.  „In Wirklichkeit werden das Urheberrecht und die Verfügungsgewalt von Autoren und Verlagen über ihre Werke im Bildungs- und Wissenschaftsbereich fast abgeschafft.“ Skipis verwies auf den Online-Appell „Publikationsfreiheit für eine starke Bildungsrepublik“ (www.publikationsfreiheit.de), der bislang von über 5.000 Autoren, Verlegern und Unterstützern aus dem Medien- und Bildungsbereich unterschrieben wurde.

Vehement setzte sich Skipis für die Freiheit des Wortes ein: „Für die deutsche Buchbranche ist die Meinungsfreiheit die Essenz ihres Seins. Wir fordern von der Bundesregierung, dass sie sich überall dort kompromisslos einsetzt, wo Autoren, Journalisten, Verleger und Buchhändler aufgrund ihrer Meinungsäußerungen verfolgt werden.“ Mit Blick auf die verweigerte Ausreisegenehmigung für Asli Erdogan zur Buchmesse forderte Skipis vom türkischen Präsidenten die Beendigung derartiger Repressalien und die sofortige Freilassung von Kulturschaffenden und Journalisten wie dem deutsch-türkischen Reporter Deniz Yücel. Zahlreiche Veranstaltungen auf der Messe stehen im Zeichen der Solidarität mit Erdogan und Yücel. „Leipzig liest ist nicht zuletzt ein eindrucksvolles Fest der Demokratie“, bekräftigte Leipzigs neue Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke, die erstmals auf dem Podium saß.

Kein Zweifel: Die Buchmesse und „Leipzig liest“ werden sich in diesem Jahr noch politischer, streitbarer zeigen als zuvor. Bereits der Auftakt hat es in sich: In wenigen Stunden erhält der französische Autor Mathias Énard im Gewandhaus den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung 2017. Morgen früh, punkt zehn Uhr, öffnen sich dann die Hallentore für die Besucher.

nk