Wie kann ein Buch mit dem Titel "Das weisse Buch" anders eingebunden sein als weiß, möchte man fragen. Und tatsächlich erscheint die Umschlaggestaltung des komödiantischen Entwicklungsromans von Rafael Horzon (Suhrkamp, Herbst 2010) auf den ersten Blick wenig spektakulär. Warum also prämiert der Art Directors Club das Umschlagdesign von Patricia Woerler-Horzon als "eine der besten Kreativarbeiten des vergangenen Jahres in der Kategorie Literatur, Buchumschläge"? Nun, die Antwort ist so klar und einfach wie das ganze Werk, denn es ist geradezu kongenial, wie Inhalt und Form hier eine Symbiose eingehen.
Horzons Buch kommt nämlich genau so daher wie die Thesen seines autobiografischen Helden: blütenweiß und schnörkellos, der Titel in ausgestanzter Lochschrift. Und genauso genial wie einfach erläutert der Autor darin seine "Neue Wirklichkeit", die eine Art Verschmelzung von Kunst und Leben zum Ziel hat. Rafael Horzon ist ein Entdecker, er möchte "interessante Dinge tun, die keine Kunst sind", denn für ihn ist "natürlich alles, was ein Mensch zu Kunst erklärt, auch tatsächlich Kunst. Aber genauso gut ist alles, was ein Mensch nicht zu Kunst erklärt, keine Kunst." Wer würde da widersprechen?
Das Ganze ist dabei derart kurzweilig und entwaffnend komisch aufgeschrieben, dass es eine wahre Freude ist. Ein Buch, nach dessen Lektüre das ganze Leben leichter wirkt. Strahlend – wie sein Einband. Schöner kann man nicht lesen! Bedauerlicherweise hat der Verlag für die Taschenbuch-Ausgabe eine andere Umschlaggestaltung gewählt, die mich – zugegebenermaßen etwas ratlos – auf meine Eingangsfrage zurückgeworfen hat ...