Logistikumfrage 2011

Bemühungen zahlen sich aus

9. Juni 2011
von Börsenblatt
Die Appelle aus der Branche scheinen zu fruchten: Die Remissionsquote geht zurück, immer häufiger wird elektronisch bestellt. Ergebnisse der Logistikumfrage 2011 des Börsenvereins.
Remissionen sind ein leidiges Thema – und ein teures obendrein. In den vergangenen Monaten hat der Kostentreiber, der allen drei Sparten zu schaffen macht, jedoch einen Dämpfer bekommen (dazu später mehr). Abzulesen sind dieser und weitere Befunde an der Logistikumfrage bei Verlagsauslieferungen, die einmal jährlich durchgeführt wird. Neun Unternehmen mit einem Gesamtumschlag von rund 2,41 Milliarden Euro haben sich an der Befragung beteiligt.

Stationärer Handel bleibt Hauptabnehmer

Wichtigster Abnehmer der Verlagsauslieferungen ist nach wie vor der stationäre Handel mit einem Anteil von 57,5 Prozent des Gesamtumschlags. Im Vorjahresvergleich hat sich dieser Wert kaum verändert (siehe Grafik 1). Ähnliches gilt für die Geschäftsbeziehungen zum Großhandel, die leicht von 20,2 Prozent auf 19,9 Prozent nachgaben. Matthias Heinrich, Vorsitzender des Ausschusses für den Zwischenbuchhandel, interpretiert das so: "Vermutlich konnten die beteiligten Auslieferungen durch ihre Key-Account-Bestrebungen bei den Handelskunden erste Erfolge erzielen."

Erfolge vermeldet auch der Online- und Versandhandel: Hier stieg der Wert von 8,4 Prozent des Volumens auf 9,2 Prozent; dies entspricht einem stolzen Zuwachs von circa zehn Prozent. Eine immer geringere Rolle spielen hingegen die Nebenmärkte, deren Anteil unter einem Prozent liegt. "Das Direktgeschäft der Verlage mit branchenfremden Discountern dürfte also relativ unbedeutend gewesen sein", bilanziert Heinrich. Auch Endabnehmer zählen mit unter drei Prozent zu den kleineren Abnehmergruppen.

Lagerumschlag nur minimal erhöht

Eine Kennzahl, die immer wieder im Fokus steht, ist der Lagerumschlag. Er hat sich minimal von 1,28 auf 1,3 erhöht. Heinrich führt das darauf zurück, "dass die Hinwendung der Verlage zum elektronischen Publizieren zu geringeren Lagermengen geführt haben könnte". Dies allerdings vor dem Hintergrund, dass "E-Books bislang nur in homöopathischen Dosen abgesetzt werden".

Am Verhältnis berechnete / unberechnete Bücher hat sich wenig getan. Es bleibt mit der Relation neun zu eins nahezu konstant.

Leicht verbesserte Remissionsquote – ein Verdienst der AG Pro

Und hier ist sie wieder, die anfangs angesprochene Remissionsquote, die nicht zuletzt durch die Arbeit der AG Pro (Prozesse, Rationalisierung, Organisation) in den vergangenen Monaten vermehrt in den Blick der Branche rückte. Diese Kennziffer ist mit 7,2 Prozent vom Umsatz geringer ausgefallen als im Jahr 2009 (7,5 Prozent des Umsatzes). Auch die Anzahl der remittierten Exemplare ließ nach – von 27,4 Millionen Exemplaren auf 26,8 Millionen Exemplare. "Tendenziell erfreulich", sagt Heinrich. "Vielleicht macht sich hier die Einsicht der Argumente der AG Pro im Remissionsverhalten bemerkbar." Unter Rationalisierungsgesichtspunkten sei der Wert allerdings -immer noch hoch.

"Bestellungen sinnvoll takten"

"Die Bemühungen der Auslieferungen haben sich ausgezahlt": So lautet Heinrichs Fazit in Sachen Bündelung. Statt durchschnittlich 7,6 Positionen erscheinen nun 7,8 Positionen auf einer Rechnung (siehe Grafik 2). Auch sind mehr Exemplare pro Rechnung verzeichnet – 58,1 anstelle von 55,4. Die Zahl der ausgelieferten Exemplare pro Position sieht mit 7,4 gegenüber 7,3 ebenfalls besser aus. Kritisch bewertet Heinrich jedoch, "dass systemimmanentes Verhalten wie Schnellschüsse oder viele Auslieferungstermine für ein Unterwandern der Bemühungen sorgen". In Richtung Buchhändler lautet seine Aufforderung, "die Bestellungen sinnvoll zu takten, da Sendungsbündelung auch vom Bestellverhalten abhängt".

Siegeszug der EDV-Bestellungen fortgesetzt

Bei der Bestellstruktur befindet sich die EDV-Bestellung weiter auf dem Vormarsch. 77,8 Prozent der Aufträge wurden elektronisch aufgegeben, im Vorjahr waren es 76,3 Prozent. "Der Fehler vermeidende und effiziente elektronische Bestellweg wurde noch einmal ausgebaut", so Heinrich. Nicht einmal mehr ein Viertel der Aufträge wird von den Vertretern im Buchhandel hereingeholt: 23,5 Prozent im Vergleich zu 24,3 Prozent (siehe Grafik 3). "Dies ist eine Folge davon, dass klassische Reisekunden in Filialisten aufgehen oder schlicht schließen", befindet Heinrich. Wachsende Filialisten orderten online ohne Vertreterbesuch. "Die Zahlen beschreiben das aktuelle Dilemma der Verlagsvertreter."

Fast 90 Prozent der Reiseaufträge gehen auf elektronischem Weg ein, ein Wert, der sich seit einigen Jahren kaum ändert. Der Ausschuss-Vorsitzende schließt daraus, "dass wir an dem Punkt sein könnten, an dem die Sättigungsgrenze für den Einsatz von Software im Außendienst erreicht ist".

Über alle EDV-Bestellungen hinweg haben die Bestellanstalten der Barsortimente von 45,4 auf 46,6 Prozent zugelegt, die Orderzahlen über IBU stagnieren. Auf dem Rückzug befinden sich die manuell per Fax, E-Mail oder Telefon weiter zu bearbeitenden Bestellungen. Ihr Wert gab von 20,9 Prozent auf 19,7 Prozent nach. "Je weniger, desto besser, denn der klassische Papierweg ist nicht rationell und fehleranfällig", bilanziert Heinrich.

Fast 12 Millionen Packstücke verarbeitet

11,7 Millionen Packstücke haben die Verlagsauslieferungen der Umfrageteilnehmer im vergangenen Jahr verlassen, 200 000 mehr als 2009. Die Anzahl der Kleinsendungen unter zwei Kilo nahm um 0,9 Prozentpunkte ab und beträgt nun 34,3 Prozent (siehe Grafik 4). Eine Erklärungsmöglichkeit für diesen Effekt: Der Anteil der Direktlieferungen an Endabnehmer war rückläufig. Die Anteile der "portoseitig rentablen Packstücke", wie Heinrich sie nennt, zwischen zwei und 20 Kilo, gewannen hingegen allesamt leicht zu. Die Zahl der schweren Sendungen über 20 Kilo kletterte von 3,7 Prozent auf 4,6 Prozent, "was eindeutig gegen die Empfehlungen des Börsenvereins geht, sofern es sich nicht um Rampengeschäfte von Stapler zu Stapler handelt", kritisiert Heinrich.

Büchersammelverkehr führende Beförderungsart

Der Blick auf die Transportwegestruktur zeigt, dass der Büchersammelverkehr mit Abstand die meisten Packstücke befördert. 48,4 Prozent (Vorjahr: 47,4 Prozent) gehen auf sein Konto (siehe Grafik 5). Die Post kommt auf 39,6 Prozent und hat damit fast zwei Prozentpunkte abgeben müssen – resultierend daraus, dass immer weniger Endabnehmer direkt bestellen. Die vor allem im B2B-Bereich aktiven Paketdienste eroberten circa 0,8 Prozentpunkte und liegen nun bei 5,69 Prozent. "Gut möglich, dass sich die Paketdienste bei Ausschreibungen der Auslieferungen gegen die Post durchgesetzt haben", meint Heinrich.

Bei den Transportwegen nach Gewicht hat der Büchersammelverkehr die Nase ebenfalls vorn, allerdings mit leichtem Verlust (55,2 statt 55,9 Prozent). An zweiter Stelle stehen Speditionen, die von 28,3 Prozent auf 29,6 Prozent zulegen konnten. Die Post erreicht 9,1 Prozent.

Die Ergebnisse der Studie führen Heinrich zu dem Fazit, "dass weiterhin etwas dafür getan werden muss, den Zustand der Branchenlogistik zu verbessern und damit die Aufwands- und Kostensituation in der Branche zu optimieren".

Christina Schulte

Logistikumfrage 2011
  • Auftraggeber: Ausschuss für den Zwischenbuchhandel
  • Durchführung: Abteilung Marktforschung des Börsenvereins
  • Teilnehmer: neun Verlagsauslieferungen
  • Gesamtumschlag (Nettoabgabepreise): 2,41 Milliarden Euro (Vorjahr: 2,34 Milliarden Euro); Umschlag je Teilnehmer: 268 Millionen Euro