Mara-Cassens-Preis 2014 für Regina Scheer

"Das 20. Jahrhundert in einer Nussschale"

6. Juli 2015
von Börsenblatt
Für ihr Romandebüt "Machandel" (Knaus) gewinnt die Schriftstellerin Regina Scheer den mit 15.000 Euro dotierten "Mara-Cassens-Preis für den ersten Roman" 2014 des Literaturhauses Hamburg. Die Preisverleihung findet dort am 8. Januar statt.

In der Jurybegründung heißt es: "In virtuoser Vielstimmigkeit schildert Regina Scheer das 20. Jahrhundert in einer Nussschale: Das Dorf Machandel wird zum Mittelpunkt einer Welt, deren Bewohner sich durch Lebensdeutungen zu rechtfertigen versuchen. Mitlaufen oder Widerstand − welches ist die richtige Art zu leben? 'Machandel' ist ein warmherziges, melancholisches und äußerst komplex komponiertes Buch, das die Grenzen des 'Wenderomans' auslotet, in dem es die Auswirkungen der Zeitenwende auf die Gegenwärtigen untersucht. Tiefgründig recherchiert schildert der Roman nicht erfüllte Hoffnungen und Lebensenttäuschungen, zeigt aber auch sinnstiftende Freuden in der Natur und im Austausch mit anderen Menschen."

Der eindrückliche und poetische Roman, heißt es weiter, umspanne die deutsche Geschichte von den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs bis beinahe in die Gegenwart: Fünf Stimmen erzählen abwechselnd mehr als ein halbes Jahrhundert deutsche Zeitgeschichte. Dreh- und Angelpunkt des Geschehens ist dabei das fiktive mecklenburgische Dorf Machandel.

Regina Scheer wurde 1950 in Berlin (Ost) geboren. Sie studierte Theater- und Kulturwissenschaften an der Humboldt Universität. Von 1972 bis 1976 arbeitete sie bei der später wegen "konterrevolutionärer Tendenzen" aufgelösten Wochenzeitschrift "Forum". Später war sie freie Autorin von Reportagen, Essays und Liedtexten und Mitarbeiterin der Literaturzeitschrift "Temperamente". Nach 1990 arbeitete sie an Ausstellungen, Filmen und Anthologien mit und publizierte mehrere Bücher zu deutsch-jüdischer Geschichte.

Zum Mara-Cassens-Preis

Die Auszeichnung wird seit 1970 verliehen und gilt als höchstdotierter Preis für einen deutschsprachigen Debütroman. Er ist der wenigen Literaturpreise, die von einer Leserjury vergeben werden. Die Stifterin Mara Cassens möchte sich der Presseinformation zufolge mit dem Preis Autoren ermöglichen, "sich für eine gewisse Zeit ganz dem Schreiben zu widmen". Preisträger waren zuletzt Max Scharnigg (2011), Andreas Martin Widmann (2012) und Sarah Stricker (2013).

Die ehrenamtliche Jury besteht aus 15 Mitgliedern des Literaturhaus e.V., die sich in ihrer Freizeit den Debütromanen widmen. In diesem Jahr reichten 40 Verlage 62 Erstlingsromane ein. Viele der eingereichten Romane bewertete die Jury als außerordentlich gelungen, darunter "Die Ungehaltenen" von Deniz Utlu, Lutz Seilers "Kruso" und "Nagars Nacht" vom Autorenduo Astrid Dehe und Achim Engstler.