Marissal Bücher Paris schließt Anfang 2015

Rue Rambuteau ohne deutsche Buchhandlung

16. Dezember 2014
von Börsenblatt
Nach über dreißig Jahren hat sich der Hamburger Buchhändler Günther Marissal (85) entschlossen, die deutsche Buchhandlung Marissal Bücher Paris nicht weiter zu betreiben. "Das wirtschaftliche Fahrwasser ist zu schwierig geworden", teilt der Buchhändler mit.

In einem bewegenden Brief begründet das Hamburger Buchhändlerpaar Christel und Günther Marissal, warum sie den Betrieb ihres Buchladens in der Rue Rambuteau gegenüber dem Centre Georges Pompidou an der Schnittstelle zwischen dem Hallenviertel und dem Marais, nach drei Jahrzehnten einstellen.

Als im Frühjahr 1981 zur Eröffnung der Buchhandlung eine erwartungsfrohe Gruppe aus Mitarbeitern, Familienmitgliedern und Freunden der Familie die Gläser auf die gelungene Fertigstellung der Buchhandlung erhob, habe keiner der Anwesenden ahnen können, wie wechselhaft die Geschichte der Buchhandlung in den folgenden drei Jahrzehnten verlaufen würde.

"Auf eine Dekade des Aufbaus von festem Kundenstamm, Lieferantenbeziehungen und einem konstanten Stamm an Mitarbeitern, folgte bis zur Einführung des Euro und der damit einhergehenden Probleme bei der Kalkulation der Verkaufspreise eine Phase der Konsolidierung auf einem wirtschaftlich zufriedenstellenden Niveau", so die Marissals. "Als mit dem Aufstieg des Internethandels ein wie auch immer gearteter Preisaufschlag auf die deutschen Ladenpreise, die die Logistikkosten und die Pariser Mieten erst möglich machten, am Markt immer weniger durchsetzbar war, begann sich die Situation in dieser dritten Phase zu verschärfen."

In der Folge sei "das wirtschaftliche Fahrwasser, in dem sich die Buchhandlung bewegte, immer schwieriger" geworden: Am Ende seien die Rahmenbedingungen durch Mietsteigerungen, sinkende Umsätze und weiter steigende Logistikkosten so schlecht gewesen, "dass die Buchhandlung nur noch durch einen beständigen Kapitalzufluss" der Inhaber und deren Familie überleben konnte.

"Die Geschichte der Buchhandlung in Paris wäre unvollständig, wenn man die große Freude und Begeisterung der Mitarbeiter und der Familie Marissal an der Arbeit mit deutschen Büchern in der französischen Hauptstadt verschweigen würde", blicken die Buchhändler auf die vielen positiven Erlebnisse zurück: Darunter waren über ein Dutzend Auszubildende aus den Hamburger Buchhandlungen der Familie Marissal, die im Rahmen Ihrer Ausbildung sechs Monate in Paris verbringen konnten und dabei keine 500 Meter von der Buchhandlung entfernt in einem von der Buchhandlung bezahlten Appartement leben konnten. "Über einen langen, nahezu den gesamten Zeitraum, war jedoch Petra Kringel Dreh und Angelpunkt der Buchhandlung, die diese literarische Begegnungsstätte in mehr als 20 Jahren mit einem besonderen Ausmaß an persönlichem Einsatz geführt hat und auf deren Schultern die täglichen Entscheidungen meist alleine ruhten", spricht die Familie Marissal ihren Dank für die zurückliegenden Jahrzehnte aus.