Meinung

Antiquariatskultur (I)

4. Februar 2008
von Börsenblatt
Geeignetes Verpackungsmaterial? Korrekte Quittungen oder Rechnungen? Was man auf den Antiquariatsmessen so alles erleben kann. Von Heinrich Förster.
Unter Antiquaren wird derzeit gern beklagt, dass sich aufgrund des Internets auch viele Amateure im Handel mit den raren oder zumindest gebrauchten Büchern tummeln und darunter die Professionalität des Gewerbes leide. Das trifft sicherlich zu, schlägt aber als Argument gelegentlich zurück, wenn es um die eigene, zumal kaufmännische Kompetenz geht. Denn in dieser Hinsicht weist auch mancher hauptberufliche Antiquar zuweilen Defizite auf. Besonders offenbar wird dies bei den Antiquariatsmessen, die doch eigentlich Foren des professionellen Handels sein sollten. Stattdessen gewinnt man dort zuweilen den Eindruck, dass ein worst-case-scenario eintritt, wenn ein Besucher tatsächlich einmal ein Buch kauft. Manchmal mangelt es schon an geeignetem Verpackungsmaterial, das dem Wert des Objekts gerecht wird und dem Kunden einen sicheren Abtransport seiner Erwerbung ermöglicht. Der eigentliche Krisenfall tritt jedoch ein, wenn eine korrekte Quittung oder Rechnung ausgestellt werden soll. Häufig fehlt es schon an Quittungsblock oder Firmenstempel. Sind diese doch vorhanden, mangelt es nicht selten am Taschenrechner, um ab einer bestimmten Summe die enthaltene Mehrwertsteuer auszuweisen. Eine Rechnungsnummer wird auf dem Beleg dann meistens ebenso vergessen wie das Datum oder gegebenenfalls die Steuernummer. Und die handschriftlichen Titelangaben sind in der Regel ohnehin kaum zu entziffern. Im Ergebnis erhält der Kunde nicht selten eine Quittung ausgehändigt, die einer Steuerprüfung nie standhalten würde und somit, zumindest für den gewerblichen Käufer, im Grunde wertlos ist. Viele Antiquare wissen um dieses Problem und sind daher dazu übergegangen, auf der Messe nur einen quittierten Lieferschein auszustellen und dem Käufer eine formal korrekte Rechnung nachträglich zuzuschicken. Dies erscheint, zumindest ab einer bestimmten Betragshöhe, als ein ebenso vernünftiges wie praktikables Verfahren. Denn es geht in dieser Frage ja nicht um Formalismus, sondern um Seriosität − und damit auch um ein Stück Antiquariatskultur. Eine Fortsetzung dieser Anmerkungen steht im nächsten Heft der Zeitschrift "Aus dem Antiquariat“, das am 8. Februar erscheint.