Meinung

Marken schaffen Vertrauen

14. Februar 2008
von Börsenblatt
Ratgeber: Das Internet bringt Verlage dazu, sich auf ihre Stärken zu besinnen. Meint Torsten Hilt.
Wozu braucht man noch Kochbücher, wenn ich Tausende Rezepte kostenlos im Internet herunterladen kann? Wozu braucht man noch gedruckte Ratgeber, wenn mir www.hausgemacht.tv meine Fragen kostenlos per Videoclip in Bild und Ton beantwortet? Ganz einfach, weil Menschen unterschiedliche Mediennutzungspräferenzen haben. Die einen suchen gern Tipps im Netz, die anderen holen sich lieber umfassendere Informationen aus Büchern. Wahrscheinlich, dass der souveräne Mediennutzer heute dieses und morgen jenes tut und daneben ebenfalls die medienspezifischen Vorzüge von Zeitung, Zeitschriften und Fernsehen einzubinden weiß. Mit schöner Regelmäßigkeit wurde dem Buch der Tod erklärt, wenn ein neues Medium das Licht der Welt erblickte. Mit diesem Wissen begegnen wir dem Internet gelassen. Aber um »das Buch« geht es auch nicht. Natürlich stirbt nicht immer gleich eine Gattung aus, wenn sich das Klima ändert. Für einige Spezies kann es aber eng werden. Beispiel Reiseatlanten: Wo vor zehn Jahren noch 100 pro Saison verkauft wurden, sind es heute noch allenfalls zehn. Weitsichtigkeit und Kundenorientierung hat da ein Verlag bewiesen, der jahrzehntelang für patentgefalzte Stadtpläne bekannt war. Heute sehe ich seinen Namen, seine Marke, beinahe wie selbstverständlich auf vielen Navigationsgeräten. Hier ist ein Markentransfer gelungen. Der Verlag hat seine Kernkompetenz der Nachfragesituation gewinnorientiert angepasst. Ist den Ratgebern durch das Internet dasselbe Los wie den Reiseatlanten beschieden? Mit Sicherheit nicht. Natürlich hat das Internet Vorzüge. Es ist weitestgehend kostenlos und seit Web 2.0 auch interaktiv. Ich kann mich mit Gleichgesinnten im virtuellen Raum treffen, um Meinungen und Erfahrungen auszutauschen. Die zur Verfügung stehenden Informationen scheinen bei angesagten Themen schier unendlich zu sein. Genau darin liegt jedoch auch eine Schwachstelle des Internets. Surfen macht Spaß. Wenn ich aber verlässlichen und umfassenden Rat zu einem mir wichtigen Thema suche, wenn ich die Informationen so strukturiert aufnehmen will, dass ich sie mit wenig Zeitaufwand verstehen und später wieder auf die Informationsquelle zurückgreifen kann, ist der Ratgeber in Buchform schon wieder im Vorteil. Denn dem Buch als Ratgeber gehen wertvolle Arbeitsschritte voraus, die ich im Netz selbst leisten muss: Inhalte sichten, nach Qualität sortieren und das Gute und Richtige in eine möglichst logische oder verständliche Reihenfolge bringen. Vom Ausdrucken ganz zu schweigen. Dabei setzen sich natürlich auch in Buchform auf Dauer nur solche Informationsvermittler durch, die die Kunst der Selektion und Bereitstellung von Information in Perfektion beherrschen. Hier kommt die Qualität ins Spiel, die als verlässlich gleichbleibend oder sich ständig verbessernde von jeher ein Merkmal des Markenartikels war. Solche Marken geben Orientierung, schaffen Vertrauen und versprechen dem Leser als Autoren-, Titel-, Reihen- oder auch Verlagsmarke: »Ich werde deine Fragen in der gewohnt hohen oder in noch besserer Qualität und in der erwarteten Tiefe beantworten.« So sorgt die Konkurrenz Internet letztlich für eine Qualitätsverbesserung der Ratgeber im Buchformat. Haben gedruckte Ratgeber eine Zukunft? Diskutieren Sie mit uns!