Meinung

Ist Kritik unsolidarisch? Zum Streit um die Prolibri-Umbenennung

28. Dezember 2009
von Börsenblatt
Diskussionskultur? Die Umbenennung von Prolibri in "Antiquariat.de" ist noch nicht einmal durchgeführt, aber schon jetzt in der Branche umstritten. Ein Kommentar.

Die Ankündigung der Genossenschaft der Internet-Antiquare (GIAQ), die von ihr betriebene Plattform Prolibri in Antiquariat.de umzubenennen, war ein Feiertags-Paukenschlag, auch wenn viele längst davon wussten (immerhin hält die GIAQ seit über zwei Jahren die Domain-Nutzungsrechte). Ob sich die Entscheidung positiv für die Plattform auswirkt – das muss sich zeigen. Der Berliner Antiquar Rainer Friedrich Meyer, seinerzeit einer der GIAQ-Mitgründer, äußerte sich in einem Blogbeitrag vom 24. Dezember skeptisch und kritisierte die Umbenennung (http://meyerbuch.wordpress.com/2009/12/24/mein-name-ist-hase-nicht-igel/). Zwei Kritikpunkte Meyers: dadurch verschwämmen "wenigstens in den Internetzadressen" weiter die Unterschiede zwischen dem Verband Deutscher Antiquare (www.antiquare.de) und der GIAQ. "Unterschiede, die verwischt werden, sind keine mehr. Die Mitgliedschaft im Verband war bislang wenigstens ein möglicher Anhaltspunkt für Qualität." Zweitens sei es für den wirtschaftlichen Erfolg einer Plattform gleichgültig, wie sie sich nenne, "solange sich nichts am Inhalt sowie den organisatorischen Strukturen ändert" und sie nicht gegen geltendes Recht verstoße.

Meyers Blog-Eintrag hat zu einer lebhaften Kommentardiskussion geführt, an der sich gestern mit Frank Albrecht ein ehrenamtlich für Prolibri Engagierter beteiligte. Christoph Schäfer, Mitinhaber des Düsseldorfer Heinrich Heine Antiquariats und GIAQ-Vorstand, legt heute auf seiner Homepage nach (http://www.heineantiquariat.de/seiten/b-dot-t-w). Es gehe dem Kritiker (Meyer) lediglich darum, den anderen niederzumachen, "Ideen" kaputt zu reden und zu "stänkern"; "Selbstprofilierung auf Kosten der anderen".

Aber es muss gegen Albrecht und Schäfer festhalten werden: Meyers sachliche Kritik – auch am Aufwand im Zusammenhang der zurückliegenden markenrechtlichen Auseinandersetzungen – lässt sich nicht einfach vom Tisch wischen. Und schon gar nicht mit dem Vorwurf, hier agiere ein Kollege als "Sniper" und 'labere' lediglich "pseudointellektuell" rum, ohne sich selbst zu engagieren. Der Schritt der GIAQ, die allgemeine Bezeichnung des Branchenzweigs für eigene wirtschaftliche Zwecke zu nutzen, ruft nach einer von persönlichen Animositäten unvoreingenommenen, möglichst breiten Diskussion – denn direkt oder indirekt betroffen sind hiervon tatsächlich alle Antiquare.

Björn Biester