Meinung: Börsenverein

Im Interesse der Mitglieder

26. Mai 2011
von Börsenblatt
Nicht über eine Fusion, sondern über die Aufgaben des Verbands muss debattiert werden. Von Sven Fund, Geschäftsführer des de Gruyter Verlags in Berlin.

Fusionsbefürworter, das hat nicht zuletzt die Diskussion zum Thema im Verband Berlin-Brandenburg kürzlich gezeigt, haben derzeit keinen leichten Stand im Börsenverein. Das Zusammengehen von Bundes- und Landesverbänden wird als letztes Mittel der Wahl vor der Zahlungsunfähigkeit von Landesverbänden, nicht als eine rationale Entscheidung ohne äußeren Druck, verstanden. Für uns in Berlin, bei leicht positivem Haushalt und steigenden Mitgliederzahlen, das war die überwältigende Meinung, ist das keine Option.
Dabei könnte eine richtig verstandene, am Wohl der Mitglieder orientierte Debatte des Themas nicht nur ökonomische Kalamitäten auf Landesebene kurzfristig lösen, sondern eine lange gemiedene Aufgabendiskus­sion gerade auch auf Bundesebene anstoßen.

Der Börsenverein, und hier insbesondere die Bundesebene, hat in der Vergangenheit umfangreich neue Aufgaben für sich entdeckt. Nicht nur die traditionelle Förderung des Diskurses zwischen den Sparten der Branche, das Lobbying für das Medium Buch und die Beratung von Mitgliedern in verschiedenen Fragen werden heute abgedeckt, der Börsenverein ist selbst längst zu einem wesentlichen wirtschaftlichen Akteur der Branche geworden – die Diskussion um neue Dienstleistungen hält die Branche mehr in Atem als branchenpolitische Fragen.

Das ärgert nicht nur jene Mitglieder, die sich ungewolltem Wettbewerb durch ihren Verband ausgesetzt sehen, es schafft zudem Spannungen zwischen wirtschaftlichen Interessen und verbandspolitischen Aufgaben, die nicht in jedem Fall sinnvoll auflösbar sind. Schlimmer noch, der Bundesverband hat sich durch seine Wirtschaftsbetriebe eine Finanzierungsmöglichkeit geschaffen, die sich der direkten Abhängigkeit von Mitgliedsbeiträgen entzieht. Dass insbesondere kleine Sortimenter sich in diesem Spiel der Großen mit ihren Bedürfnissen und Interessen wenig repräsentiert fühlen, wurde bei der Diskussion in Berlin sehr deutlich.
Die Ansicht von Fusionsgegnern, die Zusammenführung von zwei Ebenen, insbesondere zwei admi­nistrativen Systemen in Bund und Land, schwäche die verbandsinterne Demokratie und Mitwirkung, sollte daher von den Verantwortlichen in Frankfurt ernst genommen werden. Wie die Verschmelzung wirtschaftlich schwacher Landesverbände auf den Bund Nutzen stiftet, wird zu zeigen sein, dass erfolgreich wirtschaftende Landesverbände ihre Eigenständigkeit bewahren wollen, ist angesichts der abstrakten Sitzungswochen-Marathons in Frankfurt nur zu verständlich. Fusion als ein Mittel der Schwachen lädt die Starken nicht zum Mittun ein.

Der Bundesverband sollte sich offensiv einer Aufgabendiskussion stellen und dabei auch liebgewonnene Institutionen hinterfragen. Wieso sollte ein Verband auf Bundesebene Services für Mitglieder effizienter und effektiver erbringen können als ein Landesverband um die Ecke? Welche Funktionen sollte der Bund zugunsten der Länder aufgeben? Schließlich, und der Lokalpatriotismus sei verziehen: Wieso wird eigentlich ein Lobby-Verband, der nationale Politik beeinflussen will, von Frankfurt aus gesteuert? Das ist mit Blick auf andere Branchen zumindest bemerkenswert.

Im Interesse seiner Mitglieder und seiner Aufgabenerfüllung sollte der Börsenverein auf allen Ebenen diskutieren, wo welche Aufgaben sinnvoll erbracht werden, wo sich Strukturen einsparen lassen und wie die eingesparten Mittel sinnvoll verwendet werden könnten