Mike Trepte über die Positionierung der Fachbuchhandlungen

Das lokale Umfeld nutzen

28. Juli 2016
von Börsenblatt
Der Kampf um die Kunden im RWS-Markt wird härter. Um als unabhängiger Buchhändler zu überleben, genügt Serviceorientierung allein nicht. Mike Trepte plädiert dafür, sich breiter aufzustellen.

Als unabhängiger RWS-Fachbuchhändler zu bestehen, ist in einem umkämpften Markt nicht immer einfach. Die Zahl der Kunden wächst nicht mehr, und zudem gehen Umsätze in steigendem Maße am Sortiment vorbei – etwa, wenn Bibliotheken gebündelte Abschlüsse für digitale Zeitschriften und Bücher auf Landes- oder Bundesebene tätigen. Hinzu kommt, dass die überregionalen Händler sehr aktiv sind und in Bereiche vorstoßen, in denen sie vorher noch nicht waren. Der Kuchen wird für alle kleiner. Als Buchhändler muss ich daher versuchen, wegbrechende Umsätze zu kompensieren und die Kunden davon zu überzeugen, dass sie bleiben. Oder es sogar schaffen, neue Kunden zu gewinnen. In dieser Hinsicht sollten wir uns von den Großen nichts vormachen lassen: Wir kennen unser lokales Umfeld und unsere Kunden genau und wissen auch, dass sie sich bei uns wohlfühlen.
Ein großes Handicap für Buchhandlungen unserer Größenordnung ist, dass wir beim Geschäft mit Datenbanken weitgehend ausgebremst werden. Einige Verlage lassen uns nicht am Verkauf und am Vertrieb der regelmäßigen Updates partizipieren, sondern zahlen uns für die Kaufvermittlung lediglich ein einmaliges "Trinkgeld" in Höhe von zehn Prozent des Kaufpreises. Für die Verlage sind lediglich Buchhandelsunternehmen interessant, die höhere Umsätze mit Datenbanken generieren.
Nun gibt es zwar andere Verlage, die auch über uns und andere kleinere Sortimente Datenbanken verkaufen würden, dies aber an eine Bedingung knüpfen: "Wir lassen euch am Geschäft teilhaben, wenn ihr uns die Kundendaten zur Verfügung stellt." Das lässt uns naturgemäß zögern. Denn wenn wir einmal erfolgreich eine Datenbank verkauft haben, hat der Verlag dank der Kundendaten die Möglichkeit, Anschlussgeschäfte direkt mit den Kunden zu tätigen. Mit der Folge, dass beispielsweise die Print-Abonnements, die Kunden bisher über uns bezogen, durch Online-Abos des Verlags ersetzt würden. Das ist für uns Unabhängige ein echtes Dilemma.
Würden wir nicht auf die Angebote mancher Verlage eingehen, könnten uns Kunden später vorwerfen: "Warum habt ihr mir das nicht angeboten?" Wir sollten also eher bei den Verlagen um Vertrauen in unsere digitale Kompetenz werben. Für Verlage sollte es sich lohnen, in den Vertrieb von Datenbanken auch durch kleinere RWS-Fachhändler zu investieren.
Die Frage ist natürlich, wie lange der kleinere RWS-Buchhandel der Entwicklung trotzen kann. Eine vorbeugende Maßnahme kann sein, sich insgesamt breiter aufzustellen – also die RWS- und sonstige Fachbuchabteilung um ein allgemeines Sortiment zu erweitern. Oder im lokalen Umfeld mehrere Buchhandlungen mit unterschiedlichen Profilen in ein Gemeinschaftsunternehmen zu überführen. Auf diese Weise könnte man nicht nur Umsätze steigern, sondern auch eine Reihe von Synergien schaffen. Im Verbund kann man zu günstigeren Konditionen bei Barsortimenten und Verlagen einkaufen und wegen der höheren Bestellmengen in den Genuss eines günstigeren Rabatts kommen. Auch die Verteilung der Aufgaben auf die Mitarbeiter kann effektiver geregelt werden: Wenn zwei oder drei Filialen zusammengespannt sind, kann sich ein Mitarbeiter um zentrale Themen wie etwa das Schulbuchgeschäft kümmern. Oder man hat die Möglichkeit, Mitarbeiter mal nach dem Rotationsprinzip die Filialen wechseln zu lassen.
Für mich ist das immer noch die bessere Alternative, als angesichts eines zunehmenden Verdrängungswettbewerbs zu resignieren. Denn die Beziehung des Kunden zum Fachbuchhändler vor Ort ist durch nichts zu ersetzen.