Nachfolgersuche

"Loslassen ist nicht leicht"

21. August 2015
von Börsenblatt
Nachfolger gesucht: Wie geht eine christliche Buchhändlerin vor, wenn sie ihr Lebenswerk weitergeführt sehen möchte? Ulrike Fischnich hat es geschafft und an die Alpha-Gruppe verkauft. Ein Erfahrungsbericht.     

Relativ früh haben mein Mann und ich uns über die Nachfolgeregelung für unsere Buchhandlung Gedanken gemacht. Von unseren drei Kindern wäre unsere sehr buchaffine Tochter prädestiniert gewesen, sie hat sich aber beruflich anders entschieden. Wir hörten uns weiter um und lernten bei unserer Suche faszinierende Menschen kennen. Als besonders beeindruckend habe ich ein Ehepaar aus Norddeutschland in Erinnerung, das sich als Quereinsteiger aus der IT-Branche mit einer christlichen Buchhandlung einen Lebenstraum erfüllen wollte − das taten sie dann auch, aber mit einer sehr erfolgreichen Neugründung im norddeutschen Raum.

Wer stürzt sich überhaupt in das Abenteuer "Inhabergeführter Buchhandel"!? Die Arbeit, die uns immer großen Spaß gemacht hat, grenzt oft an Selbstausbeutung, die Verantwortung für einige Angestellte kann und möchte nicht jeder tragen − vom unternehmerischen Risiko ganz zu schweigen!

Dieses unternehmerische Risiko war auch der Grund, warum unsere erste Sortimenterin nicht unsere Nachfolgerin werden wollte: Sie war unsere erste Wahl, hatte "Lesen und Leben" mit aufgebaut, kennt und liebt die Kunden ebenso wie unsere Produkte und ist im christlichen Glauben verwurzelt − ideale Voraussetzungen aus unserer Sicht. Als meine rechte Hand war sie längst zu einer fähigen Geschäftsführerin herangewachsen.

So blieb die Alternative, an einen christlichen Filialisten oder eine Kette zu verkaufen. Kleinere Filialisten wie Blessings4you im Stuttgarter Raum gibt es unserer Gegend − noch − nicht, also haben wir uns bei den bundesweiten umgeschaut.

Den Anstoß für die jetzige Lösung gab unser Steuerberater, der schon einmal eine christliche Buchhandlung in die Alpha-Gruppe überführt hatte: Er kannte die Gesprächspartner, es gab ein gutes Vertrauensverhältnis und die Übergabe verlief fair und in großem Einvernehmen.

Für die Alpha-Gruppe kam unser Angebot zu einem guten Zeitpunkt, die nächsten Alpha-Shops befinden sich in Mainz und Frankfurt, so passte ein weiteres "Flaggschiff" in Wiesbaden gut in das Gesamtkonzept. Hinzu kam ein wichtiges Übergabekriterium: Unsere langjährigen Mitarbeiter wurden übernommen und meine "rechte Hand" neue Filialleiterin. Als Inhaber fühlten wir uns dafür verantwortlich, wie es mit unseren Leuten weiterging. Sie stehen für Kontinuität, da sie unsere Kunden kennen, und gehen als Vertreter der jüngeren Generation neue Wege.

Also gingen alle Wünsche in Erfüllung: Das unternehmerische Risiko wird von einer gut aufgestellten Shop-Gruppe getragen, Kollegen sind als Helfer und Ratgeber ansprechbar und so ist die junge Filialleiterin nicht plötzlich ganz auf sich gestellt. Die Bereiche, die uns als Inhaber kosten- und zeitmäßig kräftig drückten − Warenwirtschaftssystem, Buchhaltung, Marketing, Webshop-Pflege − werden zentral gemanagt.

Es war dann doch zuerst ein merkwürdiges Gefühl, den Laden langsam vor meinen Augen verschwinden zu sehen: Wegen der Übergabe-Inventur und mit Blick auf den geplanten Ladenumbau haben wir natürlich den Einkauf gedrosselt. Das Loslassen war nicht immer einfach, ich hatte ab und an schon kleine Krisen, so in Wellen, der Abschied von den Kunden fiel mir schwer: Ist das die richtige Entscheidung gewesen?

Spätestens seit dem gelungenen Umbau ist klar: Sie war es. Nach einem Fest zur Staffelübergabe sind mein Mann und ich in Urlaub gefahren, und als ich dann vor zwei Wochen das erste Mal als "Kundin" in den Laden gegangen bin, habe ich gesehen: Es läuft, die Kunden sind angetan, die Stimmung ist gut. Und dass es so weitergeht, wie ich es mir gewünscht habe, stärkt mein Gottvertrauen und die Freude auf etwas Neues.