Neu im Regal - Lesetipp der Woche

Das Links-Phänomen

9. November 2014
von Börsenblatt
Vor 25 Jahren, am 9. November 1989, begann eine neue Zeitrechnung – mit dem Mauerfall in Berlin. Wenige Tage später machte sich Christoph Links als Verleger selbstständig. Jetzt lädt er in „Einmischung erwünscht“ zur Bestandsaufnahme.  

Dass Bücher Geschichten erzählen: klar. Dass Bücher selbst ihre Geschichte haben: auch klar – nur werden genau diese Geschichten viel zu selten erzählt. Christoph Links macht eine Ausnahme: In „Einmischung erwünscht“ stellt er 25 Bücher aus den ersten 25 Jahren seines Verlages vor, beschreibt, wie sie ihn fanden und welche Erfolge (und auch: Misserfolge) sie dem Verlag einbrachten.  

Christoph Links gründete seinen Verlag am 1. Dezember 1989 mit dem Willen zur Freiheit und einem aufklärerischen Ansatz: Er wollte die jüngste deutsche Geschichte aufarbeiten, die realen Verhältnisse in der (damals noch real existierenden) DDR analysieren, politische Debatten aufgreifen, und in sie eingreifen. Das erste Buch, das er verlegte, beschäftigte sich jedoch zunächst mit einem ganz anderen Thema: dem Linksdrall in der Natur. Das Wissenschaftssachbuch, verfasst von Siegfried Wachtel, Manfred Ritschel und Andrej Jendrusch, trug den schönen, programmatischen Titel „Das Linksphänomen“.  

Was folgte war eine Art Linksdrall in der Buchkultur. Mit seiner Mannschaft hat Christoph Links bis heute rund 800 Bücher auf den Markt gebracht, vornehmlich politisch-kritische über das Ende der DDR und die Folgen, aber auch über rechtsradikale Tendenzen, die deutsche Kolonialgeschichte, die Natur und Naturvölker.  

Anhand von Beispielen lädt er in „Einmischung erwünscht“ dazu ein, gemeinsam mit ihm einen Blick zurück zu wagen. Er berichtet über juristische Turbulenzen (wie es sie etwa rund um die Veröffentlichung des Bandes „Scientology“ von Liane v. Billerbeck und Frank Nordhausen gab), über internationale Erfolge (zum Beispiel darüber, dass „Der Weg zur Mauer – Stationen der Teilungsgeschichte“ von Manfred Wilkes in rund 30 Ländern erschien)und über die Zusammenarbeit mit Künstlern wie Hermann van Veen oder Heinz Rudolf Kunze. Erzählt, wie er Alexander Osang als Autor halten konnte und wie es zu den vielen Kooperationen mit Stiftungen, Akademien, Museen und Behörden kam, u.a. mit dem Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (zur Vertragsunterzeichnung 1995 war das der jetzige Bundespräsident Joachim Gauck).

Doch wo Sonne, da auch Schatten: Links erlebte auch stürmische Zeiten. Als das Geschäft mit politischen Sachbüchern zur DDR-Geschichte Mitte der 1990er Jahre schwieriger wurde, versuchte er es mit dem Promi-Effekte, startete eine populäre Porträtreihe, und ging damit baden. "Die Reihe floppte“, bekennt er offen. „Wir mussten einsehen, dass man ein Programm nur in kleinen Schritten erweitern kann, die auch von den Partnern im Handel und in den Medien sowie von den Lesern mittvollzogen werden können. (...) Die überreichlich vorhandenen Bände wurden im Preis herabgesetzt, einzelne Titel verkaufen wir noch 15 Jahre später.“ Im Plus bewegt sich das Unternehmen heute trotz solcher Rückschläge, zumindest hauchdünn. In der kleinen Chronik am Ende des Buchs informiert Links darüber, dass der Verlag 2013 knapp 10.000 Euro Gewinn gemacht habe, bei einem Umsatz von fast 1,4 Millionen Euro.

„Einmischung erwünscht“, herausgegeben von Christoph Links, ist bereits die dritte Verlagsgeschichte – nach „Über Bücher lässt sich streiten“ (1999) und „Mit Links überleben“ (2009). Der Verlag verkauft den Band zum Signalpreis von 19,89 Euro (280 Seiten, 127 s/w-Abbildungen).