Neu im Regal - Lesetipp der Woche

Das Leben als Bassline

6. Juli 2015
von Stefan Hauck
Peter Hammer-Verlegerin Monika Bilstein hat ein Gespür für veritable Literatur. Mit Sifiso Mzobe hat sie einen Debütanten ins Rennen geschickt, der Lebensgefühle in südafrikanischen Townships einfängt und sie mit den großen Sinnfragen verknüpft, dabei aber mit einem unprätenziösen »Ich sag’s wie’s ist«-Erzählstil ebenso wenig die Bodenhaftung verliert wie sein Held Sipho beim Driften mit geklauten Autos.

Zunächst einmal: Männliche Leser mit einem Faible für Autos werden in diesem Coming-of-Age-Roman auf ihre Kosten kommen, denn wenn Sipho, der die Schule geschmissen hat, von einer Sache etwas versteht, dann sind es schnurrende Motoren, vom M5 bis zum BMW 535i. »Sein Geräusch im Leerlauf war ein verwegenes Grollen« oder der 325is, »der auf verchromten 17-Zoll-BBS-Felgen schwebte«, das sind Sätze, die die Leidenschaft des jungen Autoschraubers nahebringen. Was Sipho hingegen nicht versteht, ist: das Leben. Wie er sich auf die Versprechungen von Freunden einlässt, die mit gestohlenen Autos und Mandraxpillen handeln, wie er langsam dahinterkommt, dass an vielen Lenkrädern Blut klebt und 45er Colts aus purer Habgier viel zu schnell gezogen werden, wie er reflektierend die Puzzleteile zusammenzusetzen versucht, wie er der Verlockung des schnellen Geldes im Tausch gegen seine Freiheit zu erliegen beginnt, all das erzählt Mzobe aus der Froschperspektive der Betroffenen, schonungslos, offen.

Und er weiß, wovon er erzählt: Der Journalist wuchs selbst in der Township Umlazi in Durban auf. Detailliert, ohne im mindesten zu langweilen, bringt Mzobe dem Leser die M-Sektion von Umlazi nahe, ihre Bewohner, ihre Sorgen, ihre Beziehungen zu den Lebenden wie zu den Ahnen, für die Ziegen geschlachtet werden. Ebenso die „andere Seite“, Abifeten, Strandfeiern, Partys, bei denen Kokainlinien so breit wie Autobahn-Trennstriche bereitliegen und krumme Deals eingefädelt werden, die Siphos Freundin Nana überhaupt nicht gefallen, eine Welt mit Goldzähnen, Whisky, Gras, Designerschuhen, Informanten und korrupten Polizisten.

So schnell, wie Sipho als Komplize irrlichternd aufsteigt, ohne manches richtig zu begreifen, so kometenhaft ist auch sein Abstieg, bei dem er den Tod zweier Freunde erleben muss. Wie er letztlich Verhaftung und Untergang entgehen kann, wird hier nicht verraten, das soll er selbst erzählen, in seinen tastenden, um Ehrlichkeit bemühten Worten und einprägsamen Bildern.

Sifiso Mzobe: »Young Blood«. Peter Hammer Verlag, 266 S., 22 Euro