Neue Sachbücher über Emotionen

Mit Gefühl

29. Juni 2017
von Börsenblatt
Wann ist man eigentlich ganz bei sich selbst? Und wozu ist schlechte Laune gut? Gleich eine ganze Reihe neuer Bücher zeigt die menschlichen Gefühlslagen aus neuer Perspektive. 

Schimpfende Witwen, brummelnde Ehemänner, mürrische Verkäufer: Das gab es früher viel öfter, behauptet Andrea Gerk. In ihrem Buch "Lob der schlechten Laune" (Kein & Aber, 250 S., 24 Euro), das im September erscheint, feiert sie eine Gefühls­regung, die aus der Mode gekommen ist. "Heute kann man kaum noch in Ruhe schlecht gelaunt sein", findet Gerk, "für jede Stimmungsflaute muss man sich rechtfertigen, und die knurrigen Gesinnungsgenossen von früher trifft man fast nur noch in Film und Literatur."

An maßgebliche Beispiele erinnert sie in ihrem Buch – Schopenhauer, ­Thomas Bernhard, Dagobert Duck, Jack Nicholson, Tatort-Kommissare und viele mehr – immer wieder verquickt mit eigenen Erlebnissen, wie dem Ferien­job in der Schulzeit. Der Kiosk, in dem Gerk ar­beitete, hatte als "Missmuts­inferno ein ­kathartisches Potenzial, ohne das die ­penetrant schönen Sommertage unerträglich langweilig gewesen wären".

"Kein nostalgisches Loblied" möchte die Radiomoderatorin Gerk mit ihrem Buch anstimmen, aber dennoch zeigen: "Ohne schlechte Laune wäre das Leben halb so lustig."

Eher philosophische Gedanken macht sich Jens Wimmers in "Linjis Weg zum Glück" (Springer, Juli, 162 S., 12,99 Euro). Anhand der Achtsamkeitslehre des buddhistischen Abts Linji (9. Jahrhundert) macht Wimmers deutlich, wie Herz und Kopf in Einklang zu bringen sind – die "zentralen Herausforderungen für eine gelingende Lebensführung". Dabei müssen sich das dafür notwendige Glücksempfinden und rationales Denken nicht ausschließen. "Es reicht nicht aus, nur gelernt zu haben, wie man sein Leben rechtfertigt", meint der Autor: Man muss es auch genießen können.

Das dürfte jedoch nur dem wirklich gelingen, der in innerer Balance lebt. "Wir sind überall, nur nicht bei uns. ­Leben im Zeitalter des Selbstverlusts" (Beltz, September, 320 S., 19,95 Euro) heißt das neue Buch von Georg Milzner. Für den Therapeuten ist der Selbstverlust in unserer hektischen, informations- und reizüberfluteten Leistungs­gesellschaft das häufigste seelische ­Störungsbild. Der Mensch wird zur ­Maschine. Milzner analysiert dieses Lebensgefühl und will dem Leser zu mehr Authentizität im Alltag verhelfen.