Neuer Erweiterungsbau der Deutschen Nationalbibliothek

10.600 Quadratmeter Magazinfläche

9. Mai 2011
von Börsenblatt
In Leipzig wurde am Mittag der Erweiterungsbau der Deutschen Nationalbibliothek eröffnet. Das knapp 60 Millionen Euro teure Gebäude bietet 136.000 laufende Regalmeter für die Bestände der Bibliothek sowie einen Lesesaal und Ausstellungsflächen für das Deutsche Buch- und Schriftmuseum. Ebenfalls eingeweiht wurde der neue Lesesaal für das von Berlin nach Leipzig umgezogene Deutsche Musikarchiv der Deutschen Nationalbibliothek in einem Innenhof des historischen Gebäudes der Nationalbibliothek.

Vor fast 100 Jahren hatten die Baumeister in Leipzig noch gehofft, mit zwei Erweiterungen über die kommenden 200 Jahre zu kommen. Heute wächst der Bestand der Deutschen Nationalbibliothek (insgesamt rund 26 Millionen Medien-Einheiten, davon 16 Millionen am Standort Leipzig) täglich um rund 1.200 Einheiten – das entspricht 24 Regalmetern. „Der vierte Erweiterungsbau der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig ist einerseits ein Beleg für die sich weiter entwickelnde Medienproduktion“, sagte Staatminister Neumann, „andererseits bietet er einen wesentlichen Beitrag, den öffentlichen Zugang zu den Quellen unseres Wissens in guter Tradition und auf hohem Niveau weiter zu sichern und auszubauen“. Die Kosten für die Digitalisierung von Kulturgut überstiegen indes bei weitem, was Bund, Länder und Kommunen gemeinsam leisten könnten, weshalb Neumann der Kooperation öffentlicher Einrichtungen mit der Privatwirtschaft „durchaus aufgeschlossen“ gegenüberstehe. Dies dürfe jedoch weder zu Informationsmonopolen privater Unternehmen führen, noch dürften die Vorgaben des Urheberrechts missachtet werden, betonte Neumann.

Elisabeth Niggemann, die Generaldirektorin der Deutschen Nationalbibliothek, zeigte sich elf Jahre nach der Einreichung des Bauantrags überglücklich: „Uns war es wichtig, unsere Schätze und Leistungen maximal sichtbar zu machen. Durch die transparente architektonische Gestaltung des Erweiterungsbaus ist das gelungen.“  Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung würdigte den Neubau als „klares Bekenntnis zum Buch-Standort Leipzig“ und zeigte sich überzeugt, dass der Wissenschaftsstandort am Deutschen Platz nach Bio-City, Max-Planck- und Frauenhofer-Institut mit der DNB-Erweiterung auch baulich eine herausragende Rundung erfahren habe. „Dieser Bau zeigt, was der öffentliche Bauherr leisten kann, wenn er seine Verantwortung ernst nimmt“, betonte Peter Conradi in seinem Festvortrag. Bauen, so der Architekt und Politiker, sei immer auch eine politische Angelegenheit, hier zeige sich, was unserer Gesellschaft wert und wichtig sei: „Angesichts der großen und schwierigen politischen – auch baulichen – Aufgaben, vor denen wir stehen, ist es notwendig, dem Abbau staatlicher Verantwortung entgegen zu treten und für ein vernünftiges Miteinander von Politik und Wirtschaft, von Staat und Markt zu plädieren.“ Conradi zitierte Bernhard Zeller, den Gründungsdirektor des Marbacher Literaturarchivs, als er den Neubau als „Zentrum des lebendigen Geistes mit allen seinen Widersprüchen“ würdigte.

Der Erweiterungsbau, der die historische Lücke zwischen dem historischen Hauptgebäude und dem in den 1970er Jahren errichteten Magazinturm schließt, umfasst 10.600 Quadratmeter Magazinfläche mit insgesamt 136.000  laufenden Regalmetern. Die hohen klimatechnischen Ansprüche einer konstanten Luftfeuchte von 50 % bei 18 Grad Celsius im Büchermagazin werden mit einem neuen Konzept zur Geothermienutzung verbunden. 48 Erdwärmesonden reichen mit insgesamt fast 6.000 Metern Bohrlänge 124 Meter in den Grund am Deutschen Platz und ermöglichen so eine Reduzierung der Energiekosten gegenüber konventionellen Methoden um rund 50%.

Während der knapp vier Jahren Bauzeit für den Erweiterungsbau wurde auch der Bücherturm mit einer neuen Fassade versehen. Im Zuge der Integration der neuen Magazine in die Abläufe der Deutschen Nationalbibliothek wurden rund 170 Regalkilometer Medien umgesetzt.

Mit der nun für 2012 geplanten Eröffnung der neuen Dauerausstellung des Buch- und Schriftmuseums wird der Abschluss des ehrgeizigen Projekts erreicht sein. „Der Neubau und seine Angebote sind nicht nur eine Bereicherung für die bundesdeutsche Bibliothekslandschaft“, so Elisabeth Niggemann. „Er setzt neue Standards und schenkt uns, auch im internationalen Kontext, eine neue, frische Visitenkarte.“