Onlinehändler mit Millionenverlust im zweiten Quartal

Aktionäre strafen Amazon ab

25. Juli 2014
von Börsenblatt
Amazon hat in seinem zweiten Jahresquartal erneut hohe Verluste eingefahren: 126 Millionen Miese, so die Bilanz. Hohe Investitionen (etwa für die Cloud-Technik, neue Zentrallager und das FirePhone) gehören für Jeff Bezos zur Strategie – die Aktie brach nach Bekanntgabe der Zahlen aber um zehn Prozent ein. Die Aktionäre reagieren empfindlich auf die Erwartung des Onlinehändlers, im nächsten Quartal ein noch größeres Minus präsentieren zu wollen.

Amazon versuchte, die Aktionäre mit Verweis auf folgende Etappenziele bei der Stange zu halten

Ankündigung des FirePhones, Highlights des Smartphones sind eine innovative 3D-Technologie sowie der "Firefly"-Button (das Smartphone macht ein Foto und durchsucht den Amazon-Shop nach passenden Produkten sowie verschiedene Datenbanken nach Informationen)Mit WhisperSync hat Amazon seine Lese-Apps auf Android und iOS-GerätenAmazon kündigte mit Kindle Unlimited den Einstieg in eine eigene E-Book-Flatrate für den Kindle an – angesichts der Tatsache, dass die großen Verlagshäuser sich nicht beteiligen und Amazon bereits eine E-Book-Flatrate für den Kindle anbietet, konnte das Angebot viele Aktionäre offensichtlich nicht überzeugen. Derzeit werden in den USA 600.000 E-Books für 9.99 US-Dollar angebotenAusweitung der Sonntagslieferung auf 20 US-Städte (darunter Los Angelese und New York)In mehreren Städten (Los Angeles, San Francisco, Orange County, Berkeley, Oakland) und im Silicon Valley liefert AmazonFresh frische Lebensmittel ausIn Europa brüstet sich Amazon mit der Einführung des "European cross border delivery network": Bedeutet: Amazon-Prime-Kunden in Deutschland und England können Waren innerhalb von Tagen erhalten, die in einem Versandzentrum eines anderen EU-Landes gelagert sind. Mit der Eröffnung neuer Versandzentren in Polen will Amazon künftig deutsche Buchkäufer aus Polen beliefern. Die erhöhten Versandkosten für den Export und Re-Import will der Onlinehändler den Verlagen aufbürden, wie das Börsenblatt berichtete.

Umsatzanteil von Medienprodukten

Amazon weist in seiner Bilanz den Anteil von Medienprodukten und den Umsatz in den USA und global aus. Bücher werden nicht gesondert betrachtet.

Demnach betrug der Anteil an Medienprodukten am Umsatz im zweiten Quartal 2014 nur noch 14 ProzentAußerhalb der USA wurden 2,3 Milliarden Dollar Umsatz mit Medien erzielt (Q2 2014) – im Vorjahreszeitraum waren es 2,2 Milliarden. Von einem Ausbau der Marktposition kann nicht die Rede seinInsgesamt konnte der Konzern weltweit (inkl. USA) den Umsatz mit Medien im letzten Quartal auf 4,8 Milliarden US-Dollar steigern (Vorjahr 4,3 Milliarden Dollar) − im ersten Quartal 2014 konnte Amazon aber noch 5,4 Milliarden Dollar mit Medienprodukten erwirtschaften(!)

Gut möglich, dass die immer lauter werdende Kritik von Autoren und Verlagen am Geschäftsgebaren, etwa im Streit mich Hachette und der Bonnier-Gruppe einen Teil der Käufer abschreckt.

Wie lange die Aktionäre das riskante Spiel Amazons mittragen, ist ungewiss. Nach Bekanntwerden der Zahlen brach der Aktienkurs des Konzerns um 10 Prozent ein.

Dazu passt die Ankündigung Amazons, im dritten Quartal weiterhin rote Zahlen präsentieren zu wollen. Der Konzern erwartet bei einer hohen Umsatzsteigerung einen operativen Verlust zwischen 410 und 810 Millionen US-Dollar. In Europa dürfte Amazon durch die negative Publicity, den Streit mit europäischen Verlagen, die Ankündigung der europäischen Gewerkschaften, künftig internationale Streiks in den Versandzentren organisieren zu wollen, das Schließen von Steuerschlupflöchern (Stichwort: Besteuert wird ab 2015, wo der Kunde sitzt, nicht in Luxemburg, wo das Unternehmen seinen Firmensatz hat), vor großen Aufgaben stehen. Als "schlechtester Chef der Welt" hatte Bezos bereits in diesem Jahr Schlagzeilen gemacht. Das Saubermann-Image bröckelt.

Bereits 2013 hatte Amazon zum wiederholten Mal rote Zahlen geschrieben; der Nettoverlust betrug bspw. im zweiten Quartal 7 Millionen Dollar und im dritten 41 Millionen Dollar.