Wie kein zweiter Intellektueller in Europa sei Roland Reuß in den letzten Jahren für die Buchkultur eingetreten, so Thomas Böhm, der Leiter des Berliner Literaturfestivals, in der Mitteilung: für das Bibliothekenwesen, den stationären Buchhandel, die Buchpreisbindung.
Mit der von ihm herausgegebenen historisch-kritischen Franz Kafka-Ausgabe habe er (zusammen mit Peter Staengle) mit einem Maßstäbe setzenden Editionsverfahren das Werk eines der größten Autoren der Weltliteratur neu erschlossen und "der Germanistik einen Teil ihrer öffentlichen Bedeutung zurückgegeben" (Frank Schirrmacher). Der von ihm verfasste "Heidelberger Appell" formulierte im Jahre 2009 in bis dahin nicht gekannter Klarheit die Bedrohung des Urheberrechts und der Publikationsfreiheit von Wissenschaftlern.
Roland Reuß habe sein unbedingtes Eintreten für den Wert des Buches immer wieder in aller Konsequenz betrieben. So habe er zum Beispiel die Internetbuchhandlung "Amazon" wegen des Bruches der Buchpreisbindung angezeigt.
In seinen Büchern – insbesondere "Vom Netz zum Buch" und "Fors. Der Preis und der Wert des Buches" – habe er auf überzeugende Weise und im kenntnisreichen Rückgriff auf die Geschichte der Buchpreisbindung, des Buchhandels und der Literatur, die Dignität intellektueller Arbeit dargestellt. Diese Dignität begründe eine Kultur des Bücher-Schreibens, des Handelns mit Büchern und der Lektüre, die verloren zu gehen droht durch die Formen des lediglich am Preis und am Konsum orientierten digitalen Buches.
"Um es anders zu formulieren: In der Reihe der vielen würdigen Träger des Preises wäre Roland Reuß derjenige, bei dem es besonders schlüssig ist, dass er vom 'Indie- Buchhandel' ausgezeichnet wurde", schließt Thomas Böhm, der heute Abend (18. November) auch bei der Preisverleihung sprechen wird.
Drei in der Endauswahl
In der Endauswahl um den Preis unabhängiger Buchhandlungen setzte sich Roland Reuß in einem Kopf-an-Kopf-Rennen gegen die Buchhandlung Ravensbuch und die Buchhandlung Lessing und Kompanie durch.
Unabhängige Buchhändler aus ganz Deutschland hatten eine Anzahl preiswürdiger Kandidaten vorgeschlagen; entschieden hatte eine Jury (Autorin Marion Brasch, Hanser-Verleger Jo Lendle, Börsenblatt-Chefredakteur Torsten Casimir, Thomas Böhm, Programleiter des Internationalen Literaturfestivals Berlin, sowie Verleger Stefan Weidle, der auch Vorsitzender der Kurt Wolff Stiftung ist).
Diese drei waren in der Endauswahl:
Ravensbuch: Margarete und Michael Riethmüller, die Inhaber von Ravensbuch, die an ihren beiden Standorten Ravensburg und Friedrichshafen zum Erhalt einer vielfältigen Literaturszene beitragen und die Gründung der Buy local Initiative vorangetrieben haben. Lessing & Kompagnie: Die Buchhandlung Lessing und Kompanie in Chemnitz, die durch ihre Photoblogaktion "Kunden und ihre Lieblingsbücher" die Kunden in den Vordergrund der Sortimentsarbeit stellen, die Branche mit ihrer Idee belebt haben und Vorbild für viele andere ähnliche Aktionen wurden. Roland Reuß: Der Literatur- und Editionswissenschaftler ist zugleich Verfasser des Heidelberger Appells gegen die Marktmacht digitaler Kartelle, besitzt den Mut, Amazon vor Gericht zu bringen und setzt sich unermüdlich für den unabhängigen Buchhandel ein.Preisverleihung am 18. November
Der Preis wird heute um 18 Uhr im Studio des Admiralspalastes (Friedrichstraße 101) in Berlin überreicht. Bei der Feier wird Roger Willemsen über seine Liebe zum Indie-Buchhandel sprechen, Thomas Böhm (Leiter des Berliner Literaturfestivals) über den Preisträger reden und es wird ein kurzer Rückblick auf die erste Woche unabhängiger Buchhandlungen geworfen. Diese ging vorgestern zuende, es hatten sich über 500 Buchhandlungen aus ganz Deutschland beteiligt.
Noch gibt es ein paar Plätze für die Preisverleihung − per Mail können noch Plätze vorgemerkt werden (buero@indiebuchwoche.de).
