Premiere im Bundestag

Unabhängige Verlage zu Gast bei der Linken

19. Juni 2018
von Börsenblatt
Die Partei DIE LINKE wendet sich den Independents zu – zum ersten Mal organisierte die Partei mit und für sie ein Fachgespräch im Bundestag. Den Anstoß dazu gab die ehemalige Kulturmaschinen-Verlegerin Simone Barrientos.

Simone Barrientos, kulturpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE und ordentliches Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien, hatte am Montag dieser Woche rund 60 unabhängige Verleger, Kulturpolitiker, Autoren und Übersetzer aus ganz Deutschland zum Fachgespräch in den Bundestag eingeladen – unter dem Titel "Herausforderungen des unabhängigen Verlegens". Es war ihr kulturpolitischer Auftakt im Bundestag und in der Fraktion. Dass dieses erste Gespräch mit der "Verlegerinnenbranche stattfindet, hat damit zu tun, dass ich selber Verlegerin war und weiß, wie wichtig die Arbeit von unabhängigen Verlagen ist", so Simone Barrientos; bis 2017 leitete sie den Verlag Kulturmaschinen in Ochsenfurt. 

Vielfalt erhalten, Verlage fördern 

Ihr Ziel war es, in zwei offenen Runden über die Arbeit unabhängiger Verlage zu reden und Anregungen dafür festzuhalten, was sich auf politischer Ebene tun lässt, um diese Arbeit zu fördern. Eines gleich vorweg: Alle Fraktionen im Deutschen Bundestag würden sich für einen Fortbestand der Buchpreisbindung einsetzen, beruhigte Barrientos. Die Buchpreisbindung sei ein wesentliches Instrument, um die Vielfalt auf dem Buchmarkt zu erhalten – auch die unter den Verlagen. 

Britta Jürgs, Verlegerin des AVIVA-Verlags und Vorsitzende der Kurt Wolff Stiftung, beschrieb diese Vielfalt in ihrem Impulsreferat. „Gerade die kleinen und unabhängigen Verlage bilden das Herzstück der Verlagslandschaft. Sie sorgen für die thematische und kulturelle Vielfalt, für Bibliodiversität“, so Britta Jürgs. „Wir sprechen nicht nur von inhaltlich unterschiedlich ausgerichteten Verlagen, sondern auch von Verlagen ganz unterschiedlicher Größe, Art, Zusammensetzung und Persönlichkeit.“ Jürgs betonte, wie wichtig eine diverse und bibliodiverse Gesellschaft sei – und dass diese gefördert und erhalten wird. 

Politische Rahmenbedingungen verbessern

Ergebnis der ersten Gesprächsrunde war, dass die politischen Rahmenbedingungen für die Independents verbessert werden müssen. "Es hat in den letzten Jahren eine Reihe gesetzgeberischer Eingriffe gegeben, die die Bedingungen für Verlage verschlechtert haben", erklärte Christoph Links (Chr. Links Verlag). Das fange an "mit dem schlecht gemachten Gesetz zur VG-Wort, sodass die Gerichte dann gegen uns urteilen mussten, obwohl es eigentlich anders gedacht war". Und das gehe mit dem Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz weiter, jenem Gesetz, "das die Fach- und Wissenschaftsverlage partiell, man muss es schon fast so sagen, enteignet".

Wie zentral es sei, dass sich die Politik mit dem Alltag der Verlage beschäftige, zeigten nicht zuletzt die jüngsten Empfehlungen der Monopolkommission gegen feste Bücherpreise, so Links. "Zum Glück haben sich alle Politiker dagegen geäußert." 

Könnte eine "Bundeszentrale für literarische Bildung" helfen? 

Im zweiten Teil des Fachgesprächs wurden dann Ideen und Möglichkeiten der Bundesförderung für unabhängige Verlage zusammengetragen, entwickelt und vertieft. Einhellig war hier die Meinung, dass Handlungsbedarf besteht – die Runde schaute dabei auch über die Grenze, informierte sich bei Lisa Mangold (früher Argument Verlag, heute Assistentin von Simone Barrientos) über Modelle der Verlagsförderung in der Schweiz und Österreich. 

Über die bestehenden Formen der Förderung in Deutschland ist lebhaft diskutiert worden, auch über zukünftige, etwa Verlagspreise und Auszeichnungen – oder eine "Bundeszentrale für literarische Bildung". Else Laudan (Argument Verlag) appellierte zudem an ihre Kollegen, sich stärker innerhalb der Branche auszutauschen und zu vernetzen, eine Art inhaltliche Lobbyarbeit aufzubauen, um so die Interessen der unabhängigen Verlage gemeinsam voranbringen zu können. 

Unterstützung für die "Düsseldorfer Erklärung" 

Erwartungen an die Politik gibt es viele, dabei drehen sich die Förderfragen der Independents immer um beides – sowohl um Kultur als auch um Wirtschaft. Der Düsseldorfer Lilienfeld-Verleger Axel von Ernst regte zum Beispiel an, dass Banken künftig verstärkt kleinere Kredite vergeben sollten, mit denen die Rahmenbedingungen der kulturellen Arbeit unterstützt werden könnten. Er plädierte für eine bundesweite Förderstruktur und berichtete über die Entwicklung der im Februar gestarteten "Düsseldorfer Erklärung" (siehe Archiv: Mehr Fördergelder für unabhängige Verlage?).

Bereits 74 Verlage unterstützen von Ernst zufolge die Initiative – über die Kurt Wolff Stiftung wird das Anliegen weiter vorangebracht. Christoph Links ist dabei: "Unabhängige Verlage sollten eine ähnliche Förderung erfahren wie unabhängige Kinos und unabhängige Buchhandlungen", argumentierte er. "Der erfolgreiche Buchhandlungspreis, der das dichte Netz geistiger Tankstellen so stabil fördert, sollte auch für die unabhängige Verlage gelten und das ist klar von uns unabhängigen Verlagen heute hier an die Politik so adressiert worden."

Die Ergebnisse des Fachgesprächs möchte Simone Barrientos in konkrete politische Lösungen umsetzen, sei es in Form einer sogenannten "Kleinen Anfrage" oder, das bereits im Herbst, mit einem Haushaltsantrag für die unabhängigen Verlage. Das Protokoll dazu soll in Kürze veröffentlicht werden; Simone Barrientos stellt es auf Anfrage zur Verfügung (simone.barrientos@bundestag.de).