Protest gegen TTIP im Forum Börsenverein

Attac gerappt

16. Juli 2015
von Börsenblatt
"Ich bin ein Handelshemmnis", rappten zwei Frankfurter Attac-Mitglieder schwungvoll zum Auftakt ihrer Veranstaltung im Forum Börsenverein gegen das Freihandelsabkommen. Gleichzeitig das Aktionsmotto der Aktivisten. Am Messefreitag etwa verhängen 23 Frankfurter Buchhandlungen ihre Schaufenster mit Anti-TTIP-Plakaten. Der EU-Beauftragte Hans-Jürgen Blinn warnte vor den Gefahren für die Buchpreisbindung durch das Freihandelsabkommen.

Das Forum Börsenverein wurde so zur Aktionsfläche gegen das Freihandelsabkommen, ein Attac-Mitglied hielt ein Schild mit der Aufschrift "Kultur-Vielfalt statt TTIP!" in Händen. Der Titel der Attac-Veranstaltung lautete: "Ich bin ein Handelshemmnis: Buch & Demokartie in Gefahr". Als Referenten eingeladen waren Hans-Jürgen Blinn, der Bundesbeauftrage für den Handel in Brüssel, und die Autorin Marlene Streeruwitz, die leider kurzfristig absagen musste. Die Moderation übernahm Jutta Sundermann von Attac.

"Wir wollen das Handelshemmnis Buchpreisbindung behalten", leitete Sundermann ein, bevor die beiden Rapper die Bühne übernahmen, um auf das Gefahrenpotential des Freihandelsabkommen aufmerksam zu machen ("zieht Euch warm an, bald ist Eure nette kleine Buchhandlung dran"). "Werden auch Sie ein Handelshemmnis", forderten sie schließlich die Zuhörer auf − passende Buttons, Aufkleber und Flyer lagen bereit. Das Aktionsmotto (siehe Website: http://ich-bin-ein-handelshemmnis.de/) soll laut Sundermann das gebetsmühlenartige Gejammer der TTIP-Befürworter zum Abbau von Handelshemmnissen umkehren.

Hans-Jürgen Blinn sieht Buchpreisbindung bedroht

Dann stand der EU-Beauftrage der Bundesländer, Hans-Jürgen Blinn, Rede und Antwort – erkennbar kein großer Anhänger des TTIP.

Blinn, der die Bundesländer im Handelsausschuss in Brüssel vertritt, bestätigte die mangelnde Transparenz der TTIP-Verhandlungen ("uns liegen keine Ergebnisse vor"). Im Ausschuss gebe es vor allem mündliche Updates von Seiten EU-Kommission.

  • Der Buchbereich sei Verhandlungsmasse, betonte Blinn. Ausgeschlossen seien aufgrund der Initiative von Frankreich lediglich audiovisuelle Medien. Amerikanische Lobbyisten würden großes Interesse an der Aufhebung der Buchpreisbindung haben. "Die Buchpreisbindung ist massiv bedroht", ist Blinn überzeugt. Zwar nicht unbedingt durch einen direkten Paragraphen, sondern eher über den Umweg eines möglichen Investitionsschutzes und Schiedsgerichtsverfahren von Konzernen gegen bestehende Gesetze. Falls es so weit käme, und Schadensersatzzahlungen drohten, könnte die Buchpreisbindung womöglich durch die Regierung gelockert werden, befürchtet Blinn.

Als mögliche Alternative zu TTIP wies Blinn zudem auf den Transatlantischen Wirtschaftsrat hin, der etwa auch über technische Standards verhandelt ("Es gibt Möglichkeiten, sich auf den Blinker am Auto zu einigen"). Somit würde ein Argument der Befürworter ins Leere laufen.

Attac-Aktionen gegen TTIP

Um das Freihandelsabkommen zu verhindern, plant Attac, auch im Verbund mit anderen Organisationen, Aktionen gegen TTIP. Nach Ablehnung einer sogenannten Europäischen Bürgerinitiative durch Brüssel, soll die die Kamapgne als "Selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative" (SEBI) fortgesetzt werden. Vor allem sollen die Bürger verstärkt über die Folgen des Freihandelsabkommen aufgeklärt werden.

  • Am Messefreitag verhängen 23 Frankfurter Buchhandlungen ihre Schaufenster mit einem Anti-TTIP-Plakat (mit dem Text: "Hier sollen auch weiterhin Bücher ausliegen. Das Freihandelsabkommen TTIP zwischen EU und USA gefährdet die Buchpreisbindung. Katastrophal für AutorInnen, Verlage, LeserInnen und Buchhandel. Verhindern wir TTIP!"). Die Idee basiert auf einer ähnlichen Aktion des Landesverbands Niedersachsen-Bremen im Börsenverein, räumte das Frankfurter Attac-Mitglied Dirk Friedrichs ein. An der Aktion beteiligen sich auch Buchhandlungen in weiteren Städte, so etwa München.
  • Am Samstag, den 11. Oktober, ist ein europaweiter Aktionstag geplant − darunter ab 12 Uhr auch eine Veranstaltung am Frankurter Römer.

"Kümmern Sie sich", appellierte Hans-Jürgen Blinn zum Abschluss an das Publikum. "Es ist Ihre Umgebung, die mit dem Abkommen massiv verändert wird." Er war jedoch eher skeptisch, ob ein Freihandelsabkommen ganz zu verhindern sei − die Attac-Aktivisten strömten hier weitaus größere Zuversicht aus.

Der Börsenverein, der die Veranstaltung unterstützt hat, hat Materialen zum TTIP-Abkommen auf einer Website zusammengestellt: http://www.boersenverein.de/freihandelsabkommen