Ravensburger Wirtschaftspressekonferenz

Überall da sein, wo die Zielgruppen sind

12. Oktober 2017
von Börsenblatt
Weniger Käufer, aber mehr Bücher und Umsatz pro Buchkauf, schnellere Reaktionszeiten in den Programmbereichen und bei Entscheidungsprozessen, E-Books-only und mehr Verknüpfungen zwischen stationär und digital: der Ravensburger Buchverlag hatte am Donnerstag der Frankfurter Buchmesse zur Wirtschaftspressekonferenz geladen und erläuterte dabei, wie der Verlag auf Veränderungen im Markt reagiert.

30- bis 49-Jährige kaufen weniger

Ravensburger verändert sich: Der Konzern richtet sich digitaler und internationaler aus, hat mit Brio, Wonderbly und Think Fun wichtige Zukäufe in dieser Richtung gemacht. Bei der Wirtschaftspressekonferenz blickte der kaufmännische Geschäftsführer des Ravensburger Buchverlags, Urban van Melis, auf den Kinder- und Jugendbuchmarkt im ersten Halbjahr: "Er bleibt mit rund 234 Millionen Euro auf einem hohen Niveau stabil, allerdings müssen wir im gesamten Markt einen Käuferrückgang von fünf Prozent verzeichnen." Am stärksten zurückgegangen ist die Gruppe der 30- bis 49-Jährigen, "also der Altersbereich der Eltern", sagte die verlegerische Geschäftsführerin des Ravensburger Buchverlags, Anuschka Albertz. "Inzwischen gibt es etwa mit Netflix auch qualitativ hochwertige Angebote, die in spürbarer Konkurrenz zum Medium Buch stehen."

Umsatz pro Buchkauf gestiegen

Aber: "Diejenigen, die lesen, lesen mehr", kommentierte van Melis die Veränderungen, denn die Kaufintensität ist um drei Prozent gestiegen − in Zahlen bedeutet das, dass 2016 bei einem durchschnittlichen Buchkauf 3,3 Exemplare gekauft wurden, 2017 waren es 3,5 Exemplare. Und die Käufer geben mehr aus, pro Buchkauf ist die Kaufsumme von 29 auf 30 Euro gestiegen (plus vier Prozent). 

Ohne Non-Books kommt der Ravensburger Buchverlag auf einen Marktanteil von elf Prozent in der Warengruppe 2 und belegt damit im ersten Halbjahr Platz 2 im Verlagsranking der Kinder- und Jugendbuchverlage. Dabei ist der Verlag in sämtlichen Vertriebskanälen vertreten, behauptet bei den TOP3-Buchhandlungen (Thalia, Hugendubel und Mayersche) einen Marktanteil von zwölf Prozent mit steigender Tendenz, 13 Prozent bei den anderen Buchhandlungen, elf Prozent im E-Commerce, acht Prozent bei den Downloads sowie zwölf Prozent bei Lebensmitteleinzelhandel und Drogerie − ein achtbares Ergebnis. "Wir wollen überall da sein, wo unsere Zielgruppen sind."

Auf Geschwindigkeit produzieren

Insbesondere die Sachbuchreihe "Wieso?Weshalb?Warum?" bringt jedes Jahr stabile Umsätze, generell sei Ravensburger backliststark: "Wir arbeiten mit vielen Autoren zusammen, die seit langen Jahren für uns tätig sind, manche seit 40 Jahren", berichtet Albertz. "Unser Ziel ist, die Autoren und Illustratoren stets so einzubinden, dass sie langfristige Perspektiven bei uns haben." Was sich im Programmbereich verändert hat, sind aber die schnelleren Reaktionszeiten: "Wir können inzwischen extrem auf Geschwindigkeit produzieren, etwa bei 'Die Schöne und das Biest'." Disney hat bekanntermaßen ein großes Interesse, in die Innenstädte zu kommen, Ravensburger hat gute Kontakte zu Disney. "So hat Ravensburger bei Aktionen in großen Buchhandlungen Puzzles mit mehr als 40.000 Teilchen legen lassen − wir haben die Synergien im Haus genutzt", so van Melis.

Digitalkompetenz ausbauen

Ebenfalls verändert haben sich die Entscheidungsprozesse. Die Key-Accounter haben ebenso wie die Programmleitungen mehr Entscheidungskompetenz bekommen, die Programmleitungen wurden durch neue Zuschnitte von vier auf sechs erweitert: "Es geht jetzt viel weniger über die Schreibtische der Geschäftsführer", berichtet Albertz. "Teilweise agieren wir auch projektbezogen". Viel stärker jedoch müsse die Digitalkompetenz im Hause aufgebaut werden, merkte van Melis an. Tiptoi sei seit 2010 das einzige Hybridprodukt, das sich am Markt erfolgreich durchsetzen konnte. Die Vorbereitungen zu digitalen Projekten laufen auf Hochtouren, verraten wollen die Geschäftsführer noch nichts, nur soviel, dass demnächst E-Book-only kommt. Generell müsse man auch im Vertrieb digitaler denken, so van Melis, "wir machen ja auch schon digitale POS-Marketingaktionen, etwa bei Weltbild. Die Verknüpfung zwischen stationär und digital wird wichtiger denn je werden."