Regionalfilialist Heymann zum Standort Hamburg

"Diese Schließung hat nichts mit Krise zu tun"

16. Mai 2014
von Börsenblatt
Noch ein paar Tage, dann ist für Heymann in der Eppendorfer Landstraße Schluss – die 1.000 Quadratmeter große Fläche im Hamburger Nobelstadtteil Eppendorf wird künftig von Rewe bespielt. Warum sie das ehrgeizigste Experiment der vergangenen Jahre beenden und was Regionalfilialisten heute brauchen, um Erfolg zu haben: Ein Interview mit den Heymann-Geschäftsführern Heike Heymann-Rienau und Christian Heymann.

Vor fünf Jahren haben Sie die Buchhandlung in der Eppendorfer Landstraße eröffnet, jetzt räumen Sie sie wieder leer. Angesichts der Tatsache, dass Sie im Stadtteil eine weitere Großfläche betreiben: Fällt es Ihnen schwer, den Laden aufzugeben – oder atmen Sie auf?
Heymann: Es fällt uns schwer, zumal es eine wirklich schöne Fläche ist. Ich denke, wir - und vor allem unsere Mitarbeiter - haben da eine sehr gute Arbeit geleistet.

Warum ließ sich der Laden dennoch nicht halten?
Heymann: Diese Schließung hat nichts mit Krise zu tun, das gleich vorweg. Wir korrigieren hier lediglich eine Entscheidung, zu der wir vor fünf Jahren gezwungen worden sind. Bevor ein Mitbewerber hier reingeht, haben wir uns gesagt, bewirtschaften wir die Fläche lieber selbst – auch zusätzlich. Aus damaliger Sicht war das sicher die richtige Entscheidung, auch wenn uns letztlich von Anfang an klar war, dass wir an diesem Standort nicht unbedingt kostendeckend werden arbeiten können. Tatsache ist: Nachdem wir jetzt fünf Jahre Geld mitgebracht haben, nutzen wir jetzt die Chance, die Fläche an Rewe abzugeben.

Haben Sie zuerst gefragt, oder Rewe?
Heymann: Rewe.
 
Thalia & Co. schrumpfen ihre Filialen, idealerweise sollte eine Buchhandlung zwischen 400 und etwa 600 Quadratmeter groß sein, sagen sie. Wie denken Sie darüber?

Heymann: Unsere Filialen sind sehr unterschiedlich. Die kleinste misst 100 Quadratmeter, die größte 1.000 - dazwischen bespielen wir in der Regel alles zwischen 450 und 600 Quadratmetern.

Heymann-Rienau: Wir reagieren natürlich auf Veränderungen am Markt. Was schon immer wichtig war, gilt heute mehr denn je: Man muss individuell und persönlich sein, mit besonderen Aktionen unverwechselbar agieren und zeigen, dass man sich für das Zusammenleben in der Stadt engagiert. Deshalb haben wir im Januar auch damit begonnen, unsere Corporate Identity zu schärfen – um Kunden noch deutlicher zu zeigen, wer wir sind und wo wir stehen.

Ihr Stammhaus ist Ihnen mit 1.000 Quadratmeter also nicht zu groß?
Heymann-Rienau: In keiner Weise. Genau so stellt man sich eine Buchhandlung vor. Die Fläche verteilt sich auf mehrere Räume - als Besucher merkt man die Größe überhaupt nicht. Kunden fühlen sich damit sichtlich wohl.

Nach der Schließung der zweiten Großfläche in Eppendorf: Wird es weitere Kurskorrekturen geben, in anderen Stadtteilen? 
Heymann-Rienau: Das ist nicht vorgesehen, nein. An den anderen Standorten klappt alles sehr gut, wir sind nicht unzufrieden.

Wenn wir Schwankungen erleben, dann liegt das immer an Baustellen vor der Tür. Gottseidank kommt das selten vor. Das nächste, was wir tun wollen, ist der Umbau, die Erweiterung und Modernisierung unserer Buchhandlung in Eimsbüttel. Bis Juni sind wir damit durch.

Finden die zwölf Mitarbeiter, die Sie in der Eppendorfer Landstraße künftig nicht mehr brauchen,  dort Anschluss?
Heymann-Rienau: So ist es. Wir haben den Vorlauf, den es bei einem solchen Projekt ja immer gibt, gut genutzt und uns vorbereitet. Positionen, die vakant wurden, habe ich zeitlich befristet zwischenbesetzt. Jeder wusste darüber Bescheid.

Wie reagieren die Kunden auf die Nachricht, dass am 28. Mai Schluss ist?
Heymann: Ganz unterschiedlich. Viele sagen, das sei traurig und schade – reagieren aber überwiegend positiv. Dass Kunden es bedauern, ist andererseits für die Kollegen und uns eigentlich auch recht schön. Das zeigt doch, dass wir alle einen guten Job gemacht haben.

Welche Rolle spielt dabei der Faktor Kultur?
Heymann-Riemann: Nach wie vor eine große. Der Faktor Kultur, wenn man das so nennen will, trägt dazu bei, Profil zu zeigen, individuell, persönlich zu sein. So bringen wir unsere Leidenschaft für Bücher zum Kunden.

Heymann:
Veranstaltungen bei Heymann verbinden, sogar über Jahrzehnte hinweg. Zu uns kommen Kunden in der vierten Generation.

Inwiefern spüren Sie das veränderte Einkaufsverhalten bei Ihren Kunden?
Heymann: Wir spüren es, alles andere wäre ja gelogen. Aber wir spüren auch, dass Kunden verstärkt zu uns zurückkommen und sagen: ‚Wir wollen den Kontakt vor Ort, finden es eigentlich schöner, hier einzukaufen.‘ Natürlich versuchen auch wir, online mitzuspielen.

Allerdings es wäre vermessen zu sagen, dass wir da so gut sind wie Amazon. Unsere Homepage wird vielfach genutzt, um sich über Veranstaltungen zu informieren, Tickets zu kaufen, Öffnungszeiten zu prüfen. Sicher kaufen Kunden auch online Bücher ein, jedoch ist das natürlich nicht unser Hauptgeschäft.

Heymann-Rienau
: Was aber jetzt nicht bedeutet, dass wir am digitalen Service sparen. Wir pflegen unsere Webpräsenz mit angeschlossenem Onlineshop und haben seit 2013 auch einen mobilen Shop für E-Book-Leser. E-Book-Leser können bei uns aber auch direkt im Laden einkaufen. Seit Anfang 2014 gibt es die Möglichkeit, E-Books über WLAN-Hot Spots bei uns in den Buchhandlungen herunterzuladen.  

Wo stehen Sie innerhalb der Hamburger Buchhandelslandschaft?
Heymann-Rienau: Wir haben uns schon immer auf die Stadtteile konzentriert. Im Grunde sind wir eine Stadtteilbuchhandlung.

Heymann: Wir sind da, wo der Kunde wohnt.

Heymann-Rienau:
Genau. In Hamburg gibt es viele kleine Zentren.

Heymann: Allein Wandsbek ist so groß wie Düsseldorf.

Am Samstag wird Carola Veit, die Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, in Ihrer Eppendorfer Buchhandlung mit Kindern kochen. War es schwer, mit ihr einen Termin zu finden?
Heymann-Rienau: Nein. Und wir sind stolz darauf, dass die Präsidentin des Parlaments zu uns in die Buchhandlung kommt, um gemeinsam mit Kindern zu kochen. Es ist sicherlich auch Anerkennung für unser langjähriges Engagement. Dass das in dieser Form „honoriert“ wird, auch öffentlich, das freut uns sehr.

Heymann: Wir verstehen uns als Teil der Stadt, sind gut vernetzt und durch Veranstaltungen und Aktionen sichtbar. 2009 kam die Hamburgische Bürgerschaft dann auf uns zu, seitdem unterstützen wir als exklusiver Buchhandelspartner des Landesparlaments die Kampagne „Alster-Detektive“ zur politischen Bildung von Kindern im Alter von 9 bis 13 Jahren – zum Beispiel in Form von Zeichen-, Schreib- oder Fotowettbewerben. Und wir sind aktuell Vertriebspartner für das Kochbuch der "Alster-Detektive", von jedem verkauften Exemplar spenden wir einen Euro zugunsten der Stiftung Mittagskinder.